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PRAG

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von Gunnar Habitz

Gunnar Habitz studierte Informatik in Bremen und Wirtschaftsingenieurwesen in Zürich, wo er als Manager bei einem Computerhersteller arbeitet. Als Reiseleiter begleitete er jahrelang Touristen nach Prag und veröffentlichte mehrere Reiseführer und Artikel über Tschechien, die Schweiz und den Bodensee. Der freie Mitarbeiter der »Prager Zeitung« pendelt regelmäßig zwischen Prag und Zürich (www.habitz.ch).

Inhalt



Willkommen in Prag

Top 10 & Mein Prag

image Top 10: Das sollte man gesehen haben

image Mein Prag: Lieblingsplätze des Autors

Stadttouren mit Detailkarten

Prager Neustadt und Altstadt

Prager Kleinseite und Burgviertel

Streifzüge mit Detailkarte

Josefov – das jüdische Viertel

Die Moldau – Lebensader der Goldenen Stadt

Baumgarten – die große grüne Lunge

Vyšehrad – Prags zweite Burg

Vista Points – Sehenswertes

Museen und Ausstellungen

Viertel und Plätze

Kirchen und Klöster

Gärten und Parks

Architektur und andere Sehenswürdigkeiten

Erleben & Genießen

Übernachten

Essen und Trinken

Nightlife

Kultur und Unterhaltung

Shopping

Mit Kindern in der Stadt

Erholung und Sport

Chronik

Daten zur Stadtgeschichte

Service von A bis Z und Sprachführer

Service von A bis Z

Sprachführer

Register

Bildnachweis und Impressum

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Zeichenerklärung

image Top 10
Das sollte man gesehen haben
image Mein Lissabon
Lieblingsplätze des Autors
image Vista Point
Museen, Galerien, Architektur und andere Sehenswürdigkeiten
image Kartensymbol: Verweist auf das entsprechende Planquadrat der ausfaltbaren Karte bzw. der Detailpläne im Buch.


Willkommen in Prag

Prag hat so viele Attribute wie kaum eine andere Stadt in Europa: Es gilt mit seinen fast tausend Jahren als »Mutter der Städte« und steht mit seiner enormen Anzahl gut erhaltener historischer Bauten als größtes Freilichtmuseum der Welt unter dem Schutz der UNESCO. Die romantische Märchenstadt vermochte ihren Charme mit kleinen Gassen, verwunschenen Gärten und alten Palästen bis heute zu bewahren.

Die »Hunderttürmige Stadt« oder die »Stadt der goldenen Kuppeln« bietet dem Architekturliebhaber eine Mischung aus romanischen Bauten, gotischen Kirchen, prächtigen Renaissancepalästen, überladenen Barockbauwerken sowie herrlich verziertem Jugendstil. Liebhaber der Moderne kommen in Prag angesichts der Epochen Kubismus, Art déco und Funktionalismus ebenso auf ihre Kosten. Wegen seines überschaubaren Zentrums gilt Prag als größte Kleinstadt der Welt, dabei leben 1,2 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 500 Quadratkilometern.

Vor allem ist Prag eine der wichtigsten europäischen Kulturstädte. Hier wirkten die Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, Antonín Dvořák und Bedřich Smetana, der Jugendstilmaler Alfons Mucha oder die Astronomen Johannes Kepler und Tycho Brahe. Berühmt ist die Stadt auch für ihre Schriftsteller wie den omnipräsenten Franz Kafka, seinen Freund Max Brod, den Dichter Franz Werfel und den »rasenden Reporter« Egon Erwin Kisch – aus deren Namen sich der berühmte Satz »Es brodelt, werfelt, kafkat und kischt« zusammensetzt. Unvergessen sind die »Abenteuer des braven Soldaten Schwejk« von Jaroslav Hašek oder »Die Großmutter« von Božena Němcová. Das Angebot an erstklassigen Theatervorführungen, Konzerten und Kunstgalerien sucht seinesgleichen.

Längst hat Prag seine Rolle in der Mitte des vereinten Europas wiedergefunden, nicht nur durch die Beitritte zu NATO, EU und dem Schengener Abkommen. Viele internationale Firmen und Branchen wie das Filmbusiness haben sich in der Goldenen Stadt nachhaltig etabliert. Entsprechend pulsiert die Gastronomie, die neben der deftigen böhmischen Küche moderne Trends aufnimmt und kreativ umsetzt.

Beim Schlendern durch die Stadt offenbart sich auch das verträumte, malerische Prag, dessen versteckte Schönheiten schon seit Jahrhunderten die Besucher begeistern. Und Sie werden Kafka zustimmen, dass Prag Krallen hat – man kommt bestimmt gerne wieder hierher!

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Blick auf Prag und die vielen Brücken über die Moldau

Top 10 & Mein Prag

Top 10: Das sollte man gesehen haben

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Wenzelsplatz

S. 9 f., 36 image E/F 6/7/Google Map
Der Boulevard in der Neustadt offenbart zwei Gesichter: tagsüber überwiegend geschäftig, abends eher erotisch.

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Gemeindehaus

S. 11, 44, 58, 64 f. image D/E7/Google Map
Ein Musterbeispiel des Prager Jugendstils ist das Repräsentationshaus der Gemeinde Prag mit sehenswertem Kaffeehaus.

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Altstädter Ring

S. 12 f., 34 f. image D/E6/Google Map
Der vermutlich schönste Platz des Landes ist das Herz der Altstadt. Hier ziehen die Apostel an der Astronomischen Uhr am Altstädter Rathaus stündlich ihre Runden.

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Karlsbrücke

S. 13, 44 f. image E4/5/Google Map
Die frisch restaurierte steinerne Brücke mit ihren Statuen ist eines der Wahrzeichen von Prag und überquert die Moldau, die Halbinsel Kampa und den Teufelsbach.

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Kleinseitner Ring

S. 15 f., 35 f. image D4/Google Map
Der Hauptplatz des romantischen Viertels Kleinseite mit der prächtigen Barockkirche St. Nikolaus verbindet als Teil des Krönungswegs die Karlsbrücke mit der Prager Burg.

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Prager Burg

S. 16 ff., 29 ff. image D3/4/Google Map
Die größte bewohnte Burganlage der Welt lenkte die Geschicke des Landes über 1000 Jahre. Weithin sichtbar ist die St.-Veits-Kathedrale, berühmt das Goldene Gässchen.

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Strahov-Kloster

S. 16 f., 38 f. image E2/Google Map
Das größte Kloster Tschechiens ist vor allem durch die sehenswerte Bibliothek mit dem Philosophischen und dem Theologischen Saal bekannt.

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Josefov

S. 20 f., 31 ff. image D5/6/Google Map
Im jüdischen Viertel erinnern der Alte Jüdische Friedhof und eine Reihe von Synagogen an die Bedeutung der jüdischen Gemeinde innerhalb der Prager Bevölkerung.

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Vyšehrad

S. 23, 49 image J/K6/Google Map
Die zweite Burg in Prag ist weniger bekannt, doch angesichts des Ehrenfriedhofs und der 1000 Jahre alten Bauten sehr interessant.

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Palastgärten

S. 42 image D4/Google Map
Die Gärten zwischen Prager Burg und der Kleinseite offenbaren eine unerwartete Ruhezone mit Blick auf die roten Dächer der Kleinseite.

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Mein Prag
Lieblingsplätze des Autors

Liebe Leser,
dies sind einige besondere Orte dieser Stadt, an die ich immer wieder gerne zurückkehre. Eine schöne Zeit in Prag wünscht Ihnen

Gunnar Habitz

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Grand Café Orient

S. 12, 25, 58 image E7/Google Map
Prag hat eine Vielzahl prächtiger Kaffeehäuser. Mein Favorit ist das einzige kubistisch gestaltete Café der Welt, das nach 80 Jahren so authentisch aussieht wie anno dazumal.

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Wallenstein-Garten

S. 15, 42, 48 image D4/Google Map
Ein wahres Paradies ist dieser Garten oberhalb der Metrostation Malostranská mit seinen Pfauen und der künstlichen Grotte.

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Museum der Hauptstadt Prag

S. 26 f. image D8/Google Map
Das Spannende an diesem Museum ist das sogenannte Lang-weil-Modell mit dem Stadtbild Prags von 1937, gebastelt aus Papier und Pappe. Das Modell wird inzwischen auch durch einen 3-D-Film visualisiert.

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Kubista

S. 25, 69 image E7/Google Map
Das Geschäft unterhalb vom Grand Café Orient verkauft Möbel und Accessoires aus den Epochen Kubismus und Art déco.

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Löwenhof

S. 54 image D3/Google Map
Auch der Präsident kehrt mit seinen Gästen gerne in das Restaurant hinter der Prager Burg ein, in der noch nach Rezepten aus der Zeit von Kaiser Rudolf II. gekocht wird.

Stadttouren

Prager Neustadt und Altstadt

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Vormittag: Neustadt
Wenzelsplatz (Václavské náměstí) – Franziskanergarten (Františkánská zahrada) – Am Graben (Na Příkopě) – Platz der Republik (Náměstí Republiky).

Mittag
Café Imperial
Na Poříčí 15, Nové Město
Images 246 011 440, www.cafeimperial.cz
Tägl. 7–23 Uhr
Das im alten Glanz wiedereröffnete Kaffeehaus im Hotel Imperial besticht durch seine hohen Decken sowie Wände und Säulen aus kunstvollen Kacheln und Fliesen. Leckeres Mittagsangebot. €€

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Nachmittag: Altstadt
Gemeindehaus (Obecní d– Pulverturm (Prašná brána) – Zeltnergasse (Celetná) – Kohlenmarkt (Uhelný trh) – Altstädter Ring (Staroměstské náměstí) – Pariser Straße (Pařížská) – Marienplatz (Mariánské náměstí) – Karlsbrücke (Karlův most).

Neustadt

Wir beginnen unseren Rundgang morgens am image Wenzelsplatz (Václavské náměstí) image F7/Google Map bei der Metrostation Muzeum. Die wohl älteste Neustadt der Welt legte einst Kaiser Karl IV. im 14. Jahrhundert an, als die übrigen drei historischen Stadtteile Altstadt, Burgviertel und Kleinseite für den Wohnbedarf der aufstrebenden böhmischen Hauptstadt nicht mehr ausreichten. So verwundert es kaum, dass die Straßen der Neustadt wesentlich größer geplant wurden als der Rest des damaligen Prags. Die Neustadt verfügt über drei zentrale Plätze, die bei ihrer Gründung nach konkreten Aufgaben benannt wurden: Der Wenzelsplatz hieß damals Rossmarkt, der Karlsplatz (Karlovo náměstí) war seinerzeit der Viehmarkt und der Senovážné náměstí heißt heute noch Heuwaageplatz.

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Jugendstil am Wenzelsplatz: das renommierte Grand Hotel Evropa

Östlich der Neustadt verlief bis ins späte 18. Jahrhundert eine Stadtmauer zur Abgrenzung der historischen Stadt. Heute thront am oberen Ende des Wenzelsplatzes das Nationalmuseum (Národní muzeum) image F7/Google Map aus dem Jahre 1890, dessen Neorenaissance-Fassade der Ostfassade des Louvre nachempfunden wurde. Vom Eingang des Museums schaut man über den Wenzelsplatz und kann sich die Menschenmengen vorstellen, die sich hier während der Samtenen Revolution im November 1989 versammelt hatten. Das Hauptgebäude wird bis etwa 2018 aufwendig restauriert. Ein großer Teil der Sammlungen ist im daneben gelegenen Neuen Gebäude zu sehen, dem einstigen Parlament der ČSFR.

Am Wenzelsdenkmal image F7/Google Map, der Statue des böhmischen Landespatrons Fürst Wenzel I. auf seinem Pferd, umgeben von vier böhmischen Landesheiligen, verabreden sich die Prager. Und weil es sehr viele gleichzeitig sind, wird noch »am Kopf« bzw. »am Schwanz« hinzugefügt. Das eingravierte Datum 28. Oktober 1918 bezieht sich auf die Gründung der Tschechoslowakei. Ein paar Schritte weiter markiert eine Gedenkstelle, dass sich der Student Jan Palach 1969 aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verbrannte.

Den boulevardartigen Wenzelsplatz umgeben heute große Geschäfte, einige Luxushotels sowie eine Vielzahl von Restaurants und Imbissbuden. Das meistfotografierte Gebäude ist mit Sicherheit das 1905 erbaute Grand Hotel Evropa image F7/Google Map mit seiner prachtvollen Jugendstilfassade und dem üppigen Art-Nouveau-Café auf der rechten Straßenseite (derzeit im Umbau).

Eine Besonderheit erlaubt das Bummeln sogar bei Regen: Fast jeder zweite Häuserblock verfügt über eine Passage mit weiteren Geschäften und einem Durchgang zur nächsten überdachten Arkade. Sehenswert ist vor allem die im Stil der Moderne errichtete Lucerna-Passage image F7/Google Map mit herrlichem Kino, riesigem Konzertsaal und einem altertümlichem Café in der ersten Etage. Auffallend ist eine Kopie des Wenzelsdenkmals, das allerdings auf dem Kopf steht. Den Palast errichtete der Großvater des ehemaligen Präsidenten Václav Havel im Jahre 1920.

Über den Ausgang in die Vodičkova-Straße gelangt man schräg gegenüber in die Světozor-Passage, die in eine unerwartete Oase führt, den Franziskanergarten (Františkánská zahrada) image F6/Google Map. Er gehört zum gleichnamigen, noch heute von Mönchen bewohnten Kloster. Die dahinterliegende Maria-Schnee-Kirche sollte nach Plänen Karls IV. das größte Gotteshaus der Stadt werden. Aufgrund der Hussitenkriege wurden diese Pläne verworfen. Der Franziskanergarten mündet in den kleinen Jungmannplatz (Jungmannovo náměstí) image E/F6/Google Map, praktisch hinter dem unteren Teil des Wenzelsplatzes gelegen. Josef Jungmann verfasste im Zeitalter der nationalen Wiedergeburt Mitte des 19. Jahrhunderts als erster ein Tschechisch-Deutsches Wörterbuch – bis dahin wurde Tschechisch nur noch in Dienstbotenkreisen gesprochen.

Der Platz erlaubt einen Blick in die Nationalstraße (Národní), die bis heute die Neustadt von der Altstadt trennt. Vorne links fällt das Palais Adria image F6/Google Map auf, ein Multifunktionsgebäude im Stil des Rondokubismus von 1925, das an venezianische Paläste erinnern soll. Am hinteren Ende der Nationalstraße schimmert die goldene Kuppel des Nationaltheaters (Národní divadlo) image F5/Google Map durch. Es entstand 1881 als erste Bühne für tschechische Aufführungen und wurde aus Spendengeldern finanziert, brannte jedoch nach der ersten Aufführung teilweise nieder und wurde 1883 feierlich wiedereröffnet.

Unser Weg führt jedoch vom Jungmannplatz über die Straße des 28. Oktober (28. října) zum unteren Teil des Wenzelsplatzes, der häufig als Goldenes Kreuz image E6/Google Map bezeichnet wird, denn der gesamte Wenzelsplatz mit der Verlängerung in die Straße Na Můstku bildet mit den beiden Querstraßen ein lateinisches Kreuz. In Richtung Osten promeniert man entlang der Straße Am Graben (Na Příkopě) image E7/Google Map, wo früher tatsächlich ein Graben die Altstadt von der Neustadt trennte. Diese Straße war einst der Korso der deutschen Bevölkerung, während die Tschechen auf der Nationalstraße flanierten.

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Eine goldene Kuppel über der Moldau: das Prager Nationaltheater

Die Grabenstraße mündet in den lang gestreckten Platz der Republik (náměstí Republiky) image D/E7/Google Map, der vom image Gemeindehaus (Obecní dům), einem Musterbeispiel des Prager Jugendstils von 1911, dominiert wird. Ein Muss ist der Besuch des Kaffeehauses im linken Flügel mit herrlichem Interieur und leckeren Torten. Hier beginnt jährlich am 12. Mai das Musikfestival »Prager Frühling« mit Smetanas Liederzyklus »Mein Vaterland«, dessen zweiter Teil »Die Moldau« weltberühmt ist. Der Name des Platzes erinnert an die Ausrufung der ersten Tschechoslowakischen Republik in diesem Gebäude im Oktober 1918.

An das Gemeindehaus schließt sich der Pulverturm (Prašná brána) image E7/Google Map an, den wir am Nachmittag genauer betrachten und besteigen. Gegenüber zeigt das Theater U Hyberna im einstigen Kloster der Hyberner überwiegend Musicals. Links daneben befindet sich in einer umgebauten Kaserne das Palladium image D7/Google Map, das größte Shoppingparadies im Zentrum. Rechts vor dem Palladium führt die Straße Na Poříčí in die weniger touristisch frequentierten Teile der Neustadt. Der Weg lohnt sich für die Mittagspause im Café vom Hotel Imperial mit seinen hohen Decken und den herrlichen Art-déco-Fliesen.

Altstadt

Der zweite Teil der Stadttour beginnt, wo der erste geendet hat, am Platz der Republik image D/E7/Google Map. Das Gemeindehaus dort steht an der Stelle des einstigen Königshofs an der Grenze zwischen Alt- und Neustadt. Der Weg von hier über Altstädter Ring, Karlsgasse und Karlsbrücke zur Prager Burg wird Krönungsweg genannt. Der 1475 gebaute gotische Pulverturm (Prašná brána) image E7/Google Map war Bestandteil der alten Stadtmauer. Wer mehr über die Prager Türme erfahren möchte, sollte die Ausstellung auf halber Höhe der 186 Stufen besuchen.

Durch den Pulverturm hindurch führt die Zeltnergasse (Celetná) image E7/Google Map direkt bis zum Altstädter Ring. Das auffallendste Gebäude ist das orangefarbene Haus zur Schwarzen Madonna, in dem sich bis vor Kurzem das Museum des tschechischen Kubismus befand. Ab 2016/17 ist eine neue museale Nutzung geplant. Der visionäre Architekt Josef Gočár wählte 1912 den geometrischen Stil des Kubismus, der zwischen Jugendstil und Art déco angesiedelt ist. Sehenswert ist das image Grand Café Orient in der ersten Etage mit seinem kubistischen Interieur. Über den Obstmarkt (Ovocný trh) führt der Weg zum Ständetheater (Stavovské divadlo) image E6/Google Map, in dem Wolfgang Amadeus Mozart 1787 seinen »Don Giovanni« uraufführte. Heute gehört die Bühne zum Nationaltheater und gibt neben Musiktheater auch Schauspiel und Ballett.

Die Geheimnisse der Altstadt offenbaren sich nicht entlang der touristischen Trampelpfade, sondern in versteckten Gassen, deshalb verläuft der weitere Weg entlang der Rittergasse (Rytířská) am prächtigen Hauptgebäude der Sparkasse (Česká Spořitelna) vorbei bis zum Kohlenmarkt (Uhelný trh) image E6/Google Map, der auch gerne als »Prager Montmartre« bezeichnet wird, weil die einheimischen Künstler auf dem Platz ihre Gemälde und Portraits anfertigen.

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Gedenktafel für den »rasenden Reporter« Egon Erwin Kisch in der Kožná 1

Der Weg folgt der Michaelsgasse (Michalská) image E6/Google Map, beleuchtet von romantischen Gaslaternen. Nach Überqueren der Melantrichova, die den Wenzelsplatz direkt mit dem Altstädter Ring verbindet, gelangt man in die Ledergasse (Kožná). Gleich am ersten Haus auf der linken Seite verrät eine Gedenktafel, dass hier der »rasende Reporter« Egon Erwin Kisch (1885–1948) wohnte. Über die Eisengasse (Železná) erreicht man nach einigen Schlenkern den faszinierendsten Platz der Stadt, den image Altstädter Ring (Staroměstské náměstí) image D/E6/Google Map. Um die Statue des Reformators Jan Hus gruppiert sich ein Ensemble aus mittelalterlichen Fassaden, der Teyn- und der St.-Nikolaus-Kirche sowie dem gotischen Altstädter Rathaus (Staroměstská radnice) mit dem 69 Meter hohen Rathausturm. Vor der berühmten Astronomischen Uhr am Turm finden sich zur vollen Stunde Hunderte Besucher ein, um den Apostelumzug zu erleben.

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Blick vom Turm des Altstädter Rathauses auf die roten Dächer der Prager Altstadt

Vom Altstädter Ring aus gibt es mehrere Möglichkeiten für Abstecher. Wir entscheiden uns für den dahinter gelegenen Teynhof (Týn) image D6/Google Map, erreichbar durch eine Gasse links der gotischen Teynkirche. Die fahrenden Händler mussten hier einst eine Gebühr entrichten, bevor sie ihre Waren zum Verkauf auf den Altstädter Ring bringen durften. Auf dem ruhigen Plätzchen, das auch als »Ungelt« bekannt ist, hat man Gelegenheit für eine kleine Pause.

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Altstädter Ring mit dem Rathausturm – Treffpunkt für Einheimische und Touristen

Die vornehme Shoppingmeile Pariser Straße (Pařížská) image E/D6/Google Map verbindet den Altstädter Ring mit der Moldau und streift dabei das jüdische Viertel. Mit ihren noblen Geschäften von Brioni und Cartier bis Hermès und Tiffani erinnert sie an einen Pariser Boulevard mit entsprechender Kaufkraft.

Nach Verlassen des Altstädter Rings, links vorbei an der weißen Nikolauskirche, zeigt sich gleich dahinter auf der rechten Seite die Büste des lange verkannten Schriftstellers Franz Kafka (1883–1924). Weil hier einst sein Geburtshaus stand, trägt der kleine Platz seinen Namen. Durch die Plattnergasse (Platnéřská) gelangen wir zum Marienplatz (Mariánské náměstí) image E5/Google Map mit dem Magistrat, der Prager Stadtverwaltung, der die einstigen selbstständigen Rathäuser der vier historischen Stadtteile vereint. Darüber hinaus dominiert die Städtische Bibliothek (Městská knihovna) den Platz.

Gegenüber dem Magistrat beginnt das Areal des Klementinum image E5/Google Map, das im 13. Jahrhundert als Dominikanerkloster erbaut wurde und in dem die Jesuiten die Karl-Ferdinand-Universität einrichteten. Inzwischen dient der Komplex als Sitz der Staatsbibliothek. Sehenswert sind vor allem der Turm mit der Wetterwarte sowie die Spiegelkapelle, in der täglich Konzerte stattfinden.

Einer der Ausgänge führt auf die Karlsgasse (Karlova) image E5/Google Map, die den Altstädter Ring mit der Karlsbrücke verbindet und meist hoffnungslos überfüllt ist, was Taschendieben das Handwerk erleichtert. Die Gasse mündet in den Kreuzherrenplatz (Křižovnické náměstí) mit der Statue Kaiser Karls IV. vor der Kirche des heiligen Franziskus. Dort beginnt die 515 Meter lange und zehn Meter breite image Karlsbrücke (Karlův most) image E4/5/Google Map, deren Bau 1357 anstelle der eingestürzten Judithbrücke durch Peter Parler begonnen wurde. Sie ruht auf 16 Pfeilern, von denen zwei bei einer Flut im Jahre 1890 eingestürzt waren. Gleich auf dem ersten Pfeiler thront der gotische Altstädter Brückenturm (Staroměstská mostecká věž). Erst im 18. Jahrhundert wurden die Statuen entlang der Brücke auf die Pfeiler gesetzt. Was man sich bei der bronzenen Nepomukstatue in der Mitte der Brücke wünscht, soll in Erfüllung gehen.

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Die Teynkirche vom Altstädter Rathausturm gesehen

Prager Kleinseite und Burgviertel

Vormittag: Kleinseite
Malostranská – Waldstein-Garten (Valdštejnská zahrada) – Kleinseitner Ring (Malostranské náměstí) – Brückengasse (Mostecká) – Kampa – Malteserplatz (Maltézské náměstí) – Laurenziberg (Petřín).

Mittag: Café de Paris
Maltézské náměstí 4, Malá Strana
Images 603 160 718, www.cafedeparis.cz, tägl. 12–24 Uhr
Das Entrecôte mit Kräuterbuttersoße schmeckt mindestens so gut wie im Genfer Originalrestaurant. Anders als dort gibt es hier auch weitere Speisen. €€

Nachmittag: Burgviertel
Ab Haltestelle Hellichova mit der Straßenbahn 22 zum Platz Brandstätte (Pohořelec) – Loreto – Neue Welt (Nový Svět) – Hradschiner Platz (Hradčanské náměstí) – Prager Burg (Pražský hrad) – Malostranská.

Kleinseite

Die heutige Stadttour widmet sich ausschließlich der linken Moldauseite mit den historischen Stadtteilen Kleinseite und Hradčany, dem Burgviertel. Die Kleinseite entstand 1257, als sich deutsche Handwerker unterhalb der Prager Burg ansiedelten und ein kleines Quartier gründeten. Nach dem großen Brand von 1541 änderten sich Charakter und Aussehen der Kleinseite, weil der Adel seine Paläste nunmehr direkt unter der Burg errichtete.

Vom Ausgangspunkt, der Metrostation Malostranská image D4/Google Map, geht es durch die Valdštejnská zum Valdštejnské náměstí mit dem Haupteingang des monumentalen Palais Waldstein (Valdštejnský palác), das General Albrecht von Waldstein im 16. Jahrhundert errichten ließ und in dem heute der tschechische Senat residiert. Besucher werden nur am Wochenende eingelassen. Vom Innenhof des Palasts gelangt man in den zugehörigen image Wallenstein-Garten (Valdštejnská zahrada) mit Grotte, Teich und einer Statuenallee. Auf dem erholsamen Areal zeigen sich gelegentlich ein paar Pfauen. Wir verlassen den Garten über den Ausgang in die Straße Letenská, die am Luxushotel »The Augustine« vorbei direkt in den Kleinseitner Ring mündet.

Der image Kleinseitner Ring (Malostranské náměstí) image D4/Google Map verbindet Brückengasse (Mostecká) und Nerudagasse (Nerudova) als Teil des Krönungswegs von der Karlsbrücke zur Prager Burg. Das auffallendste Bauwerk ist zweifelsohne der hochbarocke St.-Nikolaus-Dom (Chrám sv. Mikuláše na Malé Straně) image D/E4/Google Map, erbaut von Vater und Sohn Dientzenhofer. Sehenswert ist das 1500 Quadratmeter große Deckenfresko mit den Stationen des heiligen Nikolaus, des Beschützers der Kaufleute und Seefahrer. Der freistehende Kirchturm belohnt den Aufstieg mit einer tollen Aussicht auf Kleinseite und Prager Burg. Drei weitere Bauten am Kleinseitner Ring fallen auf: das einstige Kleinseitner Kaffeehaus vor dem St.-Nikolaus-Dom, in dem Rilke seine »Larenopfer« schrieb und in dem heute eine US-amerikanische Kette coffee to go verkauft; das einstige Rathaus der Kleinseite mit der kupferfarbenen Kuppel und an der oberen Platzseite das Palais Liechtenstein (Lichtenštejnský palác) image D4/Google Map mit auffallender klassizistischer Fassade, in dem heute die Akademie der musischen Künste ihren Sitz hat.

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Standbild Karls IV. neben der Karlsbrücke

Auf der Brückengasse (Mostecká) schlendert man durch die Kleinseitner Brückentürme – der niedrigere gehörte einst zur Judithbrücke, der Vorläuferin der Karlsbrücke. Nach der Überquerung des Teufelsbaches (Čertovka) geht es rechts hinunter auf die Kampa-Halbinsel image E4/Google Map, ein verträumtes Plätzchen mit kleinen Restaurants und einem Park mit weiter Aussicht auf Altstadt und Karlsbrücke. Von den einst vorhandenen Mühlen ist nur noch ein Mühlrad übrig geblieben. Die Prager genießen die Sonnenstrahlen auf diesem romantischen Flecken. Am Ende des Parks führen die Straßen Říční und Všehrdova zur Hauptstraße Újezd.

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Hauszeichen »Zu den drei kleinen Geigen« auf der Prager Kleinseite

Mit der Seilbahn kann man von hier aus auf den Laurenziberg (Petřín) image E/F3/Google Map schweben, den »Berg der Prager Verliebten«, mit einem 60 Meter hohen Aussichtsturm, der 1891, zwei Jahre nach dem Pariser Eiffelturm errichtet wurde. Wer will, kann auch zu Fuß die 299 Stufen erklimmen, um den Blick über das Prager Dächermeer zu genießen.

Auf der Hauptstraße, die im weiteren Verlauf Richtung Kleinseitner Ring und später Karmelitergasse (Karmelitská) heißt, gelangt man zur Kirche St. Maria de Victoria (Kostel Panny Marie Vítězné) image E4/Google Map. Auf der rechten Seite im Kirchenschiff steht die 47 Zentimeter große Wachsstatue »Prager Jesulein«, die Polyxena von Lobkowitz dem Orden der Karmeliterinnen stiftete und die noch heute eine Vielzahl wertvoller Kleider geschenkt bekommt.

Gegenüber liegt das Tschechische Museum der Musik (České muzeum hudby) image E4/Google Map in der einstigen Maria-Magdalena-Kirche. Das zum Nationalmuseum gehörende Haus thematisiert die Geschichte der Musik, sehenswert ist besonders die Eingangshalle.

Der Vormittagsrundgang endet am Malteserplatz (Maltézské náměstí) image E4/Google Map, einige Schritte hinter dem Musikmuseum, wo sich der Malteserorden im 12. Jahrhundert niedergelassen hatte, um den Zugang zur Judithbrücke zu sichern. Auf der Südseite steht der Nostitz-Palast, in dem das Kulturministerium residiert. Im Café de Paris genau gegenüber kann man eine Mittagspause einlegen.

Burgviertel

Der Rundgang durch das Viertel der image Prager Burg (Pražský hrad) ist erst am Nachmittag sinnvoll, weil vormittags die Touristenscharen, die per Reisebus unterwegs sind, durch die Anlage strömen. Kurz etwas zur Begriffsklärung: Die deutsche Literatur bezeichnet mit dem Hradschin nur die Burg, dabei steht Hradčany eigentlich für das gesamte Burgviertel.

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Kuppel des barocken St.-Nikolaus-Doms: Wahrzeichen der Kleinseite

Wir beginnen diese Stadttour am Platz Pohořelec image E2/Google Map, auf Deutsch »Brandstätte«. Oberhalb des Platzes thront das image Strahov-Kloster (Strahovský klášter) image E2/Google Map, das bedeutendste seiner Art in Tschechien. Die wertvolle Bibliothek bewahrt im Theologischen und Philosophischen Saal mehr als 200 000 Bände auf und war bereits in mehreren internationalen Filmen wie dem James-Bond-Streifen »Casino Royale« zu sehen. Am Ende des Klosterareals liegt eine Aussichtsterrasse mit tollem Blick auf Kleinseite und Laurenziberg.

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In der Kirche Santa Maria de Victoria: »Allerliebst im feierlich steifen Mantel-Verschlag, thront und waltet das Jesuskindlein von Prag …« (Paul Claudel)

Durch einen kleinen Durchgang geht es zurück auf den Platz zum Wallfahrtsort Loreto (Loreta) image D2/Google Map, der im 17. Jahrhundert während der Gegenreformation gegründet wurde. In der Mitte steht die Nachbildung der Casa Santa aus dem italienischen Loreto. In der ersten Etage des Westflügels kann die zwölf Kilogramm schwere Monstranz »Prager Sonne« mit 6222 Diamanten bestaunt werden. Gegenüber steht das 150 Meter breite Palais Czernin (Černínský palác) image D2/Google Map, das seit 1934 als Außenministerium fungiert. Es erreichte traurige Berühmtheit durch den Dritten Prager Fenstersturz, als im Februar 1948 der einzige nicht kommunistische Minister Jan Masaryk unter ungeklärten Umständen aus dem Fenster stürzte.

Hinter den beiden Sehenswürdigkeiten und nach der Černínská beginnt die Gasse Neue Welt (Nový Svět) image D2/Google Map, die nach der Samtenen Revolution viele Künstler anzog, die an den offenen Fenstern malten. Diese sind nur noch selten anzutreffen, dafür herrscht aber eine unglaubliche Ruhe kurz vor der so stark frequentierten Prager Burg.

Von der Hinterseite her überqueren wir den Hradschiner Platz (Hradčanské náměstí) image cC1/Google Map. Auf diesem lang gezogenen Platz breitete sich der Adel mit seinen Palästen aus. Markant sind vor allem das Erzbischöfliche Palais (Arcibiskupský palác) image cB1/Google Map sowie die beiden zur Nationalgalerie gehörenden Paläste von Sternberg und Schwarzenberg. Vor der Burg steht die Statue von Tomáš Garrigue Masaryk, dem Staatsgründer der Tschechoslowakei.

Die tausend Jahre alte Prager Burg (Pražský hrad) image cA–cC1–5/Google Map diente als Sitz der Könige und Kaiser und ist seit 1918 Amtsstube der Staatspräsidenten. Die größte Burganlage Mitteleuropas wurde mehrfach erweitert und umgebaut. Kaiserin Maria Theresia leitete eine große Umgestaltung ein, die den kompletten vorderen Teil im Wiener Rokokostil erscheinen lässt, die letzten Veränderungen fanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts statt. Das Areal ist eigentlich gar nicht als Burg auszumachen, denn es hat weder Befestigungen noch einen Graben.

Der Haupteingang der Anlage befindet sich im ersten Burghof, wo auch täglich um 12 Uhr die große Wachablösung stattfindet. Vom ersten in den zweiten Burghof gelangt man durch das barocke Matthiastor (Matyášova brána) image cB1/Google Map. Der rechte Teil des zweiten Burghofs gehört dem Büro des Präsidenten; wenn er sich im Land befindet (nicht auf der Burg!), wird eine Fahne auf dem Dach gehisst. Der sehenswerte Spanische Saal im zweiten Burghof ist nur zu großen Anlässen oder Konzerten zugänglich.

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Im Goldenen Gässchen mit seinen pittoresken Häusern

An der Stelle der einstigen Veitsrotunde legte Karl IV. 1344 den Grundstein für den Bau der prachtvollen St.-Veits-Kathedrale (Katedrála sv. Víta) image cB2/Google Map, die mit 124 Metern Länge, 33 Metern Höhe und 60 Metern Breite das größte Kirchenschiff des Landes besitzt. Die Krönungskirche der böhmischen Könige und bedeutendste Kirche Tschechiens bauten nacheinander die berühmten Architekten Matthias von Arras und Peter Parler, der Baumeister der Karlsbrücke. Der vordere Teil mit den beiden neogotischen Türmen wurde allerdings erst 1929 vollendet. Hier fanden mit Karl IV., Ferninand I. und Rudolf II. gleich drei Kaiser ihre letzte Ruhestätte. Der wichtigste Raum ist die Wenzelskapelle in der Mitte auf der rechten Seite. Von hier kann der 96,5 Meter hohe Südturm mit seiner barocken Zwiebelspitze über 287 Stufen bestiegen werden. Etwas dahinter ruht der Brückenheilige Johannes von Nepomuk in einer silbernen Gruft.

Besonders sehenswert ist die sogenannte »Goldene Pforte« an einem nicht genutzten Ausgang an der südlichen Fassade: Ein Mosaik mit einer Million Elementen aus Glas, Gold und Halbedelsteinen stellt das Jüngste Gericht dar. Erst im Jahre 2000 konnte das Werk mittels Druckstrahl aus überwiegend gemahlenen Nussschalen freigelegt werden, nachdem es über Jahrhunderte hinter einer Oxidationsschicht verborgen war.

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Der Alte Königspalast (Starý královský palác) image cB3/Google Map im dritten Burghof südlich der Kathedrale wurde ursprünglich für Ritterturniere errichtet, die im gotischen Wladislaw-Saal mit beeindruckendem Rippengewölbe veranstaltet wurden. Bis ins 16. Jahrhundert wohnten die Herrscher des Landes in diesem Palast. Im Ludwigsflügel ereignete sich der »Zweite Prager Fenstersturz«, der 1618 den Dreißigjährigen Krieg auslöste. Heute finden hier die Präsidentenwahlen statt.

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Berühmter Panoramablick: von der Karlsbrücke zum Hradschin

Die romanische Georgs-Basilika (Klášter sv. Jiří) image cA4/Google Map hinter dem Dom wurde bereits 920 unter Vratislav I., der hier auch bestattet wurde, errichtet. Die barockisierte Fassade der mehrfach umgebauten Basilika stammt allerdings aus dem 17. Jahrhundert. Das danebenliegende Kloster beherbergte mal eine Dependance der Nationalgalerie, deren Sammlungen inzwischen auf andere Gebäude verteilt wurden.

Das Goldene Gässchen (Zlatá ulička) image cA4/Google Map mit den pittoresken Häusern in der Außenwand der Burganlage wurde zur Zeit des wissenschaftlich interessierten Kaisers Rudolf II. von Alchimisten bewohnt. Er war besessen von dem Gedanken, Gold herzustellen und den Trank des ewigen Lebens zu finden – stattdessen wurde dabei Sliwowitz, ein Zwetschgenobstbrand, entdeckt. In dem kleinen blauen Häuschen Nummer 22 wohnte 1916/17 einst Franz Kafka, um in Ruhe schreiben zu können. Das Goldene Gässchen wurde 2011 renoviert und um eine Dauerausstellung ergänzt. Von der Abgeschiedenheit zu Kafkas Zeiten ist bei dem täglichen Besucheransturm leider keine Spur mehr.

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Portal des gotischen St.-Veits-Doms auf der Prager Burg

Das Areal der Prager Burg verfügt über mehrere Bildergalerien und kleinere Museen. Besonders eindrucksvoll ist ein Besuch der Burg am Abend, wenn kaum noch Menschen unterwegs sind und die Anlage eine mystische Atmosphäre ausstrahlt.

Durch den Hinterausgang verlässt man die Prager Burg. Es gibt zwei Möglichkeiten für den Abstieg zur Metrostation Malostranská image D4/Google Map: Klassisch geht es geradeaus über die alte Schlossstiege bis nach unten. Alternativ lohnt sich der Spaziergang durch den erst 2008 wiedereröffneten Weinberg des heiligen Wenzel (Svatováclavská vinice, Staré zámecké schody 6) image D4/Google Map mit einem gastronomischen Stopp in der Villa Richter. Den besten Sitzplatz bietet das »Piano nobile« mit toller Aussicht auf die Kleinseite. ■

Streifzüge

Josefov – das jüdische Viertel

Bei den beschriebenen zwei Stadttouren wurde das jüdische Viertel image Josefov (Josephstadt) image D5/6/Google Map am Rande der historischen Altstadt bewusst nicht mit eingeschlossen, weil es separat besucht werden sollte. Dabei ist zu beachten, dass die jüdischen Einrichtungen samstags wegen des Sabbats geschlossen sind.

Schon im 11. Jahrhunderts entstand in Prag eine erste Siedlung jüdischer Kaufleute. Das jüdische Ghetto war eines der größten seiner Art westlich von Jerusalem. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Mauern des einstigen jüdischen Ghettos abgerissen. Deshalb ließen sich wohlhabende Juden im gesamten Stadtgebiet nieder. In der Folge verwahrloste das Viertel und wurde mit Ausnahme von Friedhof, Rathaus und Synagogen abgerissen. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden auf dem Areal Gründerzeithäuser.

Das Viertel ist voll von Geschichten und Anekdoten, die in vielen literarischen Werken festgehalten wurden. Am bekanntesten ist die Sage der Lehmfigur Golem, die der Rabbiner Löw einst schuf, um dem jüdischen Volk bei Übergriffen durch die Christen beistehen zu können. Leider ging die Kontrolle über die stumme Figur verloren, daher entzog Rabbi Löw der Kunstfigur das Leben.

Ein Rundgang durch das jüdische Viertel beginnt beim Altstädter Ring (Staroměstské náměstí) image D/E6/Google Map und führt zunächst durch die Pariser Straße (Pařížská). Kurz vor deren Ende steht zuerst ein Besuch der Altneu-Synagoge (Staronová synagóga) image D6/Google Map, der ältesten erhaltenen Synagoge in Mitteleuropa, auf dem Programm. Das um 1270 entstandene frühgotische Gotteshaus wird bis heute von der jüdischen Gemeinde genutzt. Zunächst war die Synagoge nur Männern vorbehalten, erst seit dem 17. Jahrhundert sind Frauen auf der Galerie gestattet. Die Sage der Golemfigur ist stark mit der Altneu-Synagoge verbunden, in deren Obergeschoss noch heute die Überreste der Kunstgestalt liegen sollen.

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Anschließend geht es durch die Maiselgasse (Maiselova) zum Jüdischen Rathaus (Židovská radnice, Maiselova 18) image D6/Google Map, noch heute Anlaufpunkt der Prager Juden. Die Zeiger des Ziffernblatts der Uhr laufen übrigens andersherum. Das koschere Restaurant im Rathaus serviert werktags günstige Gerichte. Mit Ausnahme der bereits besuchten Altneu-Synagoge und des Rathauses gehören alle weiteren, auf mehrere Gebäude verteilten Einrichtungen zum Jüdischen Museum. Zunächst kauft man in der Maisel-Synagoge (Maiselova synagóga, Maiselova 10) image D6/Google Map ein Kombiticket für alle Einrichtungen inklusive Friedhof. Die Synagoge selbst berichtet über die Geschichte der Juden in Böhmen und Mähren, von den Ursprüngen der jüdischen Besiedlung bis zur Emanzipation.

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Im jüdischen Viertel: Die einstige Zeremonienhalle fungiert heute als Teil des Jüdischen Museums

Weiter gehen wir zur Pinkas-Synagoge (Pinkasova synagóga, Široká 3) image D6/Google Map, wo der 77 297 jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Gleich daneben liegt der Alte Jüdische Friedhof (Starý židovský hřbitov) image D5/6/Google Map mit 12 000 erhaltenen Grabsteinen aus der Zeit der Gotik, Renaissance und des Barock. Die Toten wurden vom 15. Jahrhundert bis ins Jahr 1787 aus Platzmangel in zwölf Schichten übereinander beigesetzt. Die meistbesuchten Gräber gehören Rabbi Löw († 1609) und dem Financier Mordechaj Maisel († 1601). Auf der Rückseite des Friedhofs informiert die Klausen-Synagoge (Klausová synagóga, U Starého hřbitova 1) image D5/Google Map über jüdische Traditionen und Gebräuche.

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Im maurisch-spanischen Stil: die Spanische Synagoge im Viertel Josefov

Den Abschluss des Streifzugs durch Josefov bildet die erst 1868 entstande Spanische Synagoge (Španělská synagóga, Dušní 12) image D6/Google Map, deren maurischer Stil mit goldverzierter Inneneinrichtung an die Alhambra im spanischen Granada erinnern soll. Hier wird die Ausstellung über die Geschichte der Juden in Böhmen und Mähren aus der Maisel-Synagoge bis in die Gegenwart fortgesetzt. Links daneben steht eine seltsame Statue von Franz Kafka, sitzend auf den Schultern seines Vaters Hermann. Nach ein paar Schritten erreicht man den Altstädter Ring, den Ausgangspunkt des Rundgangs.

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Prager Brückenansichten

Die Moldau – Lebensader der Goldenen Stadt

Wer kennt nicht das klassische Musikstück »Die Moldau« von Bedřich Smetana? Besser kann man den langsam dahinfließenden Strom von seiner Quelle bis hin zur Burg Vyšehrad musikalisch kaum ausdrücken. Der damals schon taube Smetana komponierte die Moldau als zweiten von sechs Teilen seiner sinfonischen Dichtung »Mein Vaterland«, entstanden in den Jahren 1874–79. Übrigens: Sein Name heißt auf Deutsch, wörtlich übersetzt, Friedrich Sahne.

Die Moldau schlängelt sich etwa 30 Kilometer durch die Hauptstadt, überwindet dabei elf Meter Höhenunterschied, umfließt acht Inseln und wird von 17 Brücken überquert. Heute ist sie längst kein wilder Fluss mehr, wie es dank der musikalischen Referenz zu vermuten wäre. Einige Stauschwellen und Stauseen vor der Hauptstadt sorgen für einen gleichmäßigen Flusslauf, der nur bei dem Jahrhunderthochwasser 2002 über die Ufer trat. Die damals überfluteten Viertel Kleinseite und Altstadt wurden inzwischen befestigt.

Das Moldauufer wurde in den letzten Jahren ansehnlich hergerichtet, um ein erholsames Leben am Fluss ermöglichen zu können. Auf der Slawischen Insel (Slovanský ostrov) image F/G5/Google Map kann man beispielsweise Ruder- und Tretboote ausleihen, auf der Schützeninsel (Střelecký ostrov) image E/F5/Google Map, der größten innerhalb des Stadtgebiets, wird Sommerkino geboten. Die Kampa-Halbinsel image E4/Google Map lädt zum Bummeln ein. Am schönen Ufer vor dem Rudolfinum am Alšovo nábřeží image D5/Google Map lässt sich wunderbar entspannen.

Während einer Bootsfahrt auf der Moldau gewinnt man eine ganz andere Perspektive von der Stadt. Die meisten Schiffe legen zu einoder zweistündigen Rundfahrten mit und ohne Essen an der Čechův most image C5/D6/Google Map ab. Angeboten werden auch Ausflüge zur Burg Vyšehrad image J6/Google Map oder bis zum Slapy-Stausee image bD6/Google Map. Wer kleine Nussschalen den großen Moldaudampfern vorzieht, kann in das »Prager Venedig« genannte Gebiet um die Karlsbrücke und den Teufelsbach (Čertovka) image E4/Google Map schippern.

Baumgarten – die große grüne Lunge

Die wohl prächtigste Parkanlage der Stadt liegt etwas nördlich des Zentrums in Prag 7. Der im Stile eines englischen Parks gestaltete Baumgarten (Stromovka) image A5/6/Google Map umfasst gut 104 Hektar und ist damit der größte Park in Citynähe. Neben einem Lustschloss und dem Prager Planetarium gibt es hier einige Sehenswürdigkeiten. Die südöstliche Seite nimmt das Ausstellungsgelände (Výstaviště) image A7/Google Map ein, das anlässlich der Jahrhundertausstellung von 1891 angelegt wurde und noch heute für Messen genutzt wird. Im Lapidarium image A7/Google Map vor dem Industriepalast können die Originalstatuen der Karlsbrücke bewundert werden. Hinter dem Palast sprudelt die eindrucksvoll illuminierte Křižík-Fontäne abends in aufwendigen Choreografien zu der Musik von Dvořák bis Vangelis. Ebenfalls auf dem Gelände zieht mehrmals jährlich ein Rummelplatz mit Riesenrad besonders Kinder an. In der Eishockeyhalle von Sparta Prag, neben dem Ausstellungsgelände, geht es häufig hart zur Sache.

Nördlich des Baumgartens schließt sich jenseits der Moldau das Schloss Troja (Trojský zámek) image bC6/Google Map mit dem einzigen französischen Garten Prags an. Das Barockschloss errichtete die Adelsfamilie Šternberk im 17. Jahrhundert als Jagdschloss. Heute dient es überwiegend als Gemäldegalerie. Sehenswert sind der eindrucksvolle Hauptsaal mit seinem Deckenfresko, die Außentreppe und die Pferdeställe. Gegenüber liegt der Prager Zoo image nördl. A7/Google Map. Mit 4700 Tieren auf einer Fläche von 45 Hektar gehört er zu den größeren Zoos in Europa.

Vyšehrad – Prags zweite Burg

Der Legende nach begann die weltweite Bekanntheit der Stadt Prag auf einem südlich der Neustadt gelegenen Felsen, auf dem heute die Burg image Vyšehrad image J6/Google Map steht. Fürstin Libuše soll von hier aus die Gründung einer Burg vorausgesagt haben, deren Ruhm bis zu den Sternen reichen sollte. Die Přemysliden-Herrscherin zeigte dabei auf das Gebiet der heutigen Prager Burg auf dem Hradschin-Hügel. Wo sie einst ihre Weissagung kundtat, wurde später im 11. Jahrhundert ein Kastell errichtet, dessen Name Vyšehrad übersetzt »Hohe Burg« bedeutet.

Gleich am Eingang des Areals steht mit der Martinsrotunde (Rotunda sv. Martina) ein Zeitzeuge der romanischen Epoche. Weithin sichtbar ist die Kapitelkirche Peter und Paul (Svatý Petr a Pavel), die im Stil der Neogotik im 19. Jahrhundert umgestaltet wurde. Gegenüber liegen mehr als 600 Persönlichkeiten auf dem Ehrenfriedhof begraben, darunter die Schriftsteller Božena Němcová und Jan Neruda sowie die Komponisten Antonín Dvořák und Bedřich Smetana. Gegen eine kleine Gebühr können auch die Kasematten (Kasematy pevnosti) besichtigt werden. Viele Einheimische nutzen den Vyšehrad für Spaziergänge, wenn die Prager Burg fest in touristischer Hand ist. ■

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Neugotisches Eingangsportal zur Kapitelkirche Peter und Paul

image Vista Points – Sehenswertes

Museen, Plätze, Kirchen, Parks, Architektur und andere Sehenswürdigkeiten

Die meisten der folgenden Vista Points befinden sich in den Stadtbezirken Praha 1 und Praha 2, ansonsten sind die Bezirke im Text entsprechend gekennzeichnet. Geläufiger sind jedoch die Namen der historischen Stadtviertel: Staré Město (Altstadt), Hradčany (Burgviertel), Malá Strana (Kleinseite), Nové Město (Neustadt) und das jüdische Viertel Josefov (Josephstadt).

Im Folgenden werden zwei Eintrittspreise angegeben: der für Erwachsene und der ermäßigte für Studenten, Kinder ab 6 Jahre und Rentner. Viele Museen bieten Familien- und Gruppenermäßigungen an. Vergünstigungen oder freien Eintritt gibt es mit der Prague Card (www.praguecard.com, vgl. auch S. 82).

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Hauszeichen »Zu den zwei Sonnen« auf der Prager Kleinseite

Museen und Ausstellungen

Agnes-Kloster/Anežský klášter image D6/Google Map
U Milosrdných 17, Staré Město
Metro B: Náměstí Republiky
Images 224 810 628
www.ngprague.cz
Tägl. außer Mo 10–18 Uhr
Eintritt Kč 150/80
Der wichtigste frühgotische Bau der Stadt aus dem frühen 13. Jh. diente als Kloster der hl. Agnes. Hier zeigt die Nationalgalerie die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mitteleuropa von 1200 bis 1550, darunter deutsche und österreichische Werke.

Dvořák-Museum/Muzeum Antonína Dvořáka image G7/Google Map
Ke Karlovu 20, Nové Město
Metro C: I. P. Pavlova
Images 224 923 363
www.nm.cz
Tägl. außer Mo 10–17 Uhr
Eintritt Kč 50/30
Das kleine Lustschloss »Villa Amerika« in der südlichen Neustadt erbaute Barockarchitekt Kilian Ignaz Dientzenhofer einst für den Grafen Michna. Heute führt es anhand von Originalpartituren sowie anderen Dokumenten und Exponaten durch Leben und Werk des großen Komponisten Antonín Dvořák (1841–1904).

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Büsten tschechischer Kulturgrößen schmücken die Säulenhalle im Hauptgebäude des Nationalmuseums

Franz-Kafka-Museum image D5/Google Map
Cihelná 2b, Malá Strana
Metro A: Malostranská
Images 257 535 507
www.kafkamuseum.cz
Tägl. 10–18 Uhr
Eintritt Kč 200/120
Dieses noch recht junge Museum widmet sich dem Leben und Werk von Franz Kafka. Bereits in Barcelona und New York gezeigt, fand die Langzeitausstellung endlich den Weg in die Heimatstadt des Schriftstellers, der vor der Revolution in Prag noch nicht einmal geschätzt wurde.

Haus zur Schwarzen Madonna/Dům U Černé Matky Boží image E7/Google Map
Ovocný trh 19, Staré Město
Metro B: Náměstí Republiky
Seit 2012 kein Museum der Nationalgalerie mehr, ab 2016 neue museale Nutzung geplant
Das Eckhaus erbaute Josef Gočár 1912 im Stil des Kubismus, einer aus der französischen Malerei importierten Stilrichtung. In Prag widmeten sich einige Architekten diesem recht kantigen, geometrischen Stil, der auch im Interieur seine Umsetzung fand. Sehenswert ist das image Grand Café Orient in der ersten Etage, das nach einer Pause von ca. 80 Jahren originalgetreu wiedereröffnet wurde. Im Erdgeschoss verkauft das Geschäft image Kubista thematisch passende Bücher und Kleinmöbel.

Haus zur Steinernen Glocke/Dům u kamenného zvonu image D6/Google Map
Staroměstské náměstí 13
Staré Město
Metro A/B: Můstek
Images 224 828 245
www.ghmp.cz
Tägl. außer Mo 10–20 Uhr
Eintritt Kč 120/60
Das gotische Haus mit der steinernen Glocke an der rechten Ecke ist eines der ältesten am Altstädter Ring und wird für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst genutzt. Erst im 20. Jh. fand man hinter dem im Barockstil umgebauten Haus die noch gut erhaltenen, ursprünglich gotischen Mauern und renovierte das Gebäude mit dem charakteristischen spitzen Dach.

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Franz Kafka

Kunstgewerbemuseum/Uměleckoprůmyslové muzeum image D5/Google Map
17. listopadu 2, Staré Město
Metro A: Staroměstská
Images 251 093 111
www.upm.cz
Im Umbau bis 2017
Das »Umprum« zeigt Textilien und Exponate aus Glas, Keramik und Porzellan. Allein das Gebäude, vor allem das Deckengewölbe im Treppenhaus, ist einen Besuch wert. Während des Umbaus sind Ausstellungen im Gemeindehaus zu sehen.

Loreto/Loreta image D2/Google Map
Loretánské náměstí 7
Hradčany
Tram 22: Pohořelec
Images 220 516 740
www.loreta.cz
Tägl. April–Okt. 9–17, Nov.–März
9.30–16 Uhr
Eintritt Kč 150/110
Schatzkammer