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Images MAGIC MOMENTS

Die »Magischen Augenblicke« stellen als Tipps der Autoren besondere Orte und Erlebnisse vor. Sie führen hautnah an das Reiseziel heran, an seine Kultur und Natur, sie zeigen seine typischen und überraschenden Seiten und verführen dazu, diese Augenblicke gezielt zu genießen. Das kann das Gespräch im Wohnzimmer einer Amish-Familie sein oder das Mittwochsrennen der Segler in Annapolis, ein Cocktail mit Blick aufs Weiße Haus oder eine Bärenbegegnung auf dem Appalachian Trail, die Kajaktour zum Dinner in Virginia Beach oder das Parasail-Erlebnis auf Cape May. Es sind die MAGIC MOMENTS, die am Ende in Erinnerung bleiben und die Reise einzigartig machen.

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Die MAGIC MOMENTS der Capital Region im Detail:

Images Rocky Steps –
Freitreppe vor dem Eingang des Philadelphia Museum of Art Philadelphia, Pennsylvania, S. 76.

Images Amish Paradise – Reality Check Bird-in-Hand, Pennsylvania, S. 97.

Images The Star-Sprangled Banner –
Fort McHenry National Monument and Historic Shrine Baltimore, Maryland, S. 109.

Images Wednesday Night Fever –
130 Segelboote treten gegeneinander an, Annapolis, Maryland, S. 121.

Images Here’s to You –
POV Rooftop Terrace Bar des W Hotel Washington DC, S. 136.

Images Secret Garden –
US Botanic Garden & Bartholdi Park Washington DC, S. 153.

Images Begegnung der dritten Art –
Appalachian Trail Hike Shenandoah N.P., S. 177.

Images Lincoln im Autokino –
Goochland Drive-in Theater Hadensville, Virginia, S. 190.

Images Liberty or Death! –
St. John’s Church Richmond, Virginia, S. 199.

Images Schrecklicher Start –
Jamestown Settlement Williamsburg, Virginia, S. 211.

Images Im Kajak zum Dinner –
Mit Surf & Adventure Company zum Familienrestaurant Blue Pete’s Virginia Beach, Virginia, S. 222.

Images Wo die Zeit stillsteht –
Atlantic Hotel Berlin, Maryland, S. 253.

Images Im Himmel über Cape May –
East Coast Parasail Cape May, New Jersey, S. 263.

Images Inside Lucy –
Lucy the Elephant Margate City, New Jersey, S. 271.

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Ostküste USA

Capital Region

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red left arrow Eine Übersichtskarte mit den eingezeichneten Routenvorschlägen finden Sie in der vorderen Umschlagklappe.
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Inhalt

  Region mit vielen Gesichtern
Capital Region
  Details zur Route – und ein paar Tipps
  Ein Tag auf der Überholspur
New York
  Crossing the Delaware
Anreise von New York
  Die Ostküste erleben und genießen

Übernachten: Schlafen wie auf Wolken

Essen und Trinken: Crab Cakes & more

Mit Kindern unterwegs: Überall willkommen

Sport und Outdoor: Abtauchen vor den Outer Banks

  Chronik
Geschichte der Mittleren Atlantikstaaten
  RUNDREISE OSTKÜSTE USA
Am roten Faden durch die Capital Region
toc1 Heimatkunde
Philadelphia
toc2 Wilkum im »Garten Gottes«
Pennsylvania Dutch Country
toc3 Urbaner Neubeginn am Hafen
Baltimore
toc4 Segel setzen in Crabtown
Annapolis
toc5 Ins Zentrum der Macht
Washington DC
toc6 Klassisch und Grün
Ein Tag in Washington DC
toce Extratag: Koloniale Idylle am Fluss
Alexandria, Mount Vernon und Gunston Hall
toc7 Waldeinsamkeit und ein deutscher Bauernhof
Manassas Battlefield, Shenandoah Skyline Drive und Staunton
toc8 Thomas Jefferson, Präsident, Architekt und Multitalent
Staunton, Charlottesville, Richmond
toc9 Hauptstadt mit Nebenschauplätzen
Richmond
toc10 Welcome Home, America
An den Ufern des Lower James River
toc11 Beach Boys und Zypressensümpfe
Virginia Beach
toce1 Extratage:
Rustikale Sommerfrische

Auf die Outer Banks
toce2 Liebenswert und malerisch verrottet
Nags Head, Cape Hatteras, Ocracoke
toce3 Das erste Kapitol von North Carolina
Tryon Palace in New Bern
toc12 Mit Dan zu den wilden Ponys
Chincoteague Island
toc13 Wo 600 bunte Pfefferkuchenhäuser warten
Cape May
toc14 Monopoly am Meer
Atlantic City und zum Flughafen Philly
 

Service von A bis Z

Sprachführer

Orts- und Sachregister

Namenregister

Bildnachweis

Impressum

Zeichenerklärung

Region mit vielen Gesichtern
Capital Region

Im Städte-Korridor von New York, Philadelphia, Baltimore und Washington lebt mehr als ein Drittel der amerikanischen Bevölkerung, hier konzentrieren sich nicht nur die wirtschaftliche und politische Macht, sondern auch Kunst und Kultur. Südlich davon am James River gingen einst die ersten Siedler an Land – für die Amerikaner heiliger, historischer Boden. Auf den Outer Banks schließlich, den schmalen Inseln vor North Carolina herrscht die Natur, und die Zeit scheint stehengeblieben. All das umfasst unsere Reiseroute – von imponierenden Städten über die Stätten der Geschichte bis zum Sommerglück am Atlantik.

Weil die meisten Urlauber über New York anreisen, beginnt unsere Reise auch dort. Dann übernehmen die Highways die Regie und der erste Turnpike führt gleich durch den bevölkerungsreichsten Staat der USA, New Jersey. Er nennt sich »The Garden State« und bringt ungezählte Blaubeeren hervor, doch die raumfressende Industrialisierung vertreibt die Felder. Und überall wird zur Kasse gebeten. Straßengebühren sind Usus in diesem Landesteil, und das heißt: Toll-Töpfe, Münzcontainer, die an Brücken und Parkways die Hand aufhalten – am liebsten für Abgezähltes, EXACT CHANGE, wie man schon von weitem lesen kann.

Über Princeton, jenes akademische Arkadien, im dem einst Albert Einstein, Thomas Mann, Hermann Broch und Robert Oppenheimer lehrten, geht die Reise über den Delaware River nach Philadelphia. Die Freiheitsglocke läutet zwar nicht mehr, aber ringsumher wurde alles so historisch aufgehübscht, als wolle Benjamin Franklin jedem Besucher heute noch persönlich die Hand schütteln. Doch Philadelphia ist nicht nur eine Historienidylle, sondern eine lebendige Großstadt, längst befreit von jener Verschlafenheit, über die W.C. Fields einst witzelte: »Das Beste an Philadelphia ist der 5-Uhr-Zug nach New York«.

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Philadelphia: Die Brunnenfiguren symbolisieren Delaware, Schuylkill und den Wissahickon Creek

Historie als Entertainment

Lancaster County liegt vor der Haustür und mit ihm auch die Amish, die frommen Nachfahren der deutsch-schweizerischen Glaubensgemeinschaften aus dem 16. Jahrhundert, die ohne Autos und Computer, Jeans oder Reißverschlüsse leben – eine entrückte Welt für sich. Unter den Metropolen des Ostens wartet Baltimore mit dem wohl spektakulärsten städtischen Sanierungserfolg auf, mit seinem Inner Harbor, einem Mix aus Restaurants, Geschäften und Museen rund um das zentrale Hafenbecken.

Annapolis, eines der beliebtesten Seglerparadiese des Ostens und vielleicht die attraktivste Provinzstadt auf unserer Route, fasziniert mit einem lebensfrohen, mediterran anmutenden Hafenviertel. Hier kommen (wie überall rund um die Cheasepeake Bay) die köstlichen Maryland blue crabs auf den Tisch.

Mächtig stolz feiert sich Washington DC, als Regierungssitz auf sumpfigem Terrain am Reißbrett geplant, mit monumentalen Bauten und Alleen. In kaum einer anderen amerikanischen Großstadt liegt das Sehenswerte räumlich so beieinander wie hier – die Museen, die Kongressbibliothek, der hinreißende Bahnhof, das spektakuläre neue Newseum. Stadtteile und Vororte setzen farbige Kontrapunkte zu dem auf Wirkung gebauten Zentrum: das ethnisch gemischte Adams-Morgan, das feine, flotte Georgetown und der alte Tabakhafen Alexandria.

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Georgetown in Washington DC: Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert

Farmer, Soldat und Staatsmann, das alles vereinte Landesvater George Washington in einer Person. Sein Landhaus auf Mount Vernon oberhalb des Potomac River zählt zu den schönsten Villen in Virginia. Wie die Independence Hall in Philadelphia oder das Lincoln Memorial in Washington ist Mount Vernon eine von vielen nationalen Pilgerstätten, mit denen die Mittleren Atlantikstaaten gepflastert sind. Dabei blüht der amerikanische Ahnenkult noch im kleinsten Detail.

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Mount Vernont, der letzte Wohnsitz von George Washington, der hier auch begraben ist

Original und Fälschung liegen nahe beieinander

Kein Nagel, Federkiel oder Stuhl, keine Apotheke oder Kneipe im Leben der Gründerväter, die nicht unter historische Quarantäne geraten wären. Die meisten Museen und nationalen Besinnungsorte ziehen alle Register moderner Unterhaltungstechnik, um aus der historischen Geschichte Entertainment zu zaubern – mit interaktiven Ausstellungen, Videos, Dioramen und Shows. Da wimmelt es von historischen Souvenirs, von plantation homes als Stickvorlage bis zur Spielzeugkanone für den Nachttisch. Die alten Schlachten werden beim reenactment mit viel kostümiertem Personal und Geballer nachgespielt und in den rekonstruierten historischen Siedlungen erfreuen am Wochenende koloniale Laienspieler die Besucher. Original und Fälschung, Restauration und kreative Ergänzung, Dichtung und Wahrheit sind da oft schwer zu unterscheiden.

Aber so ist das überall in den USA. Der einst wahrlich wilde Westen lebt, dank Hollywood, längst als Mythos weiter, der tiefe Süden dank Werken und Filmen wie »Vom Winde verweht«. Der Osten hingegen, von Romanschriftstellern und Regisseuren eher vernachlässigt, dramatisiert seine Vergangenheit durch Denkmalpflege – mit patriotischem Glanz und Gloria, mal heroisch, mal nostalgisch.

Von Washington nimmt die Route Kurs nach Westen und führt durch Virginia, jenen Staat, in dem die Wurzeln des Tabaks ebenso wie die der amerikanischen Nation und insbesondere die des Südens am tiefsten reichen. Der ersten Abnabelung von England folgten die Geburt der Verfassung und Religionsfreiheit und die Schlachten des Bürgerkriegs. Hier fasste die Neue Welt zuerst Fuß, hier warfen die britischen Rotröcke das Handtuch und hier wurden acht Präsidenten geboren.

Koketterie mit der Vergangenheit gehört deshalb in Virginia zum guten Ton und der elitären »Order of First Families of Virginia« darf nur angehören, wer in den ersten Jahren der Kolonialzeit mit dem Schiff gekommen ist. Selbstzweifel oder Zukunftsängste haben im virginischen Seelenhaushalt nichts zu suchen.

Über Manassas, dem ersten Schlachtfeld des Bürgerkriegs, geht die Reise weiter ins Appalachen-Gebirge, genauer zum Shenandoah National Park, einem Naturschutzgebiet, das sich wie ein schmales Tuch über die Blue Ridge Mountains legt. Die Bergwälder aus Hartholz, deren Blätter im Herbst in einen Farbenrausch verfallen, lassen immer noch ahnen, wie der gesamte Osten der USA früher einmal ausgesehen hat. Ein Eichhörnchen hätte damals, im 17. Jahrhundert, mühelos vom Atlantik bis zum Mississippi hüpfen können, ohne je den Boden zu berühren.

Im gleichnamigen Tal, dem Shenandoah Valley, verlief eine von Amerikas großen Passages West, wo der größte Pfadfinder aller Zeiten und frontier hero, Daniel Boone, die Grenzen zwischen Zivilisation und Wildnis verschob und Wege für neue Siedlungen im Westen auskundschaftete. Viele Siedler aber blieben auch wegen der fruchtbaren Böden, der reichlichen Wasservorräte, des angenehmen Klimas und der herrlichen Szenerie. Im Bürgerkrieg galt das Tal als »Brotkorb der Konföderation«, weil es einige Jahre die Armee von General Robert E. Lee versorgte. Heute nisten hier zierliche Kleinstädte.

Brennpunkte der amerikanischen Geschichte

Charlottesville, die heimliche Hauptstadt von Jefferson Country, gehörte zum engeren Wirkungskreis von Thomas Jefferson, dem großen Generator der amerikanischen Verfassung, der wie kein anderer das Ideal des Homo universale verkörperte. Hier hat der »Architekt der amerikanischen Demokratie« sein bauliches Erbe hinterlassen, das elegante Landhaus Monticello und die University of Virginia, ein geradezu erhabenes Bühnenbild für Forschung und Lehre. Der Ruhm dieses Alleskönners strahlt bis heute. Als John F. Kennedy 1962 die Nobelpreisträger des Jahres zu einem Essen ins Weiße Haus lud, sagte er: »Ich glaube, dies ist die ungewöhnlichste Ansammlung von Talent und Wissen, die je im Weißen Haus zusammengekommen ist – mit einer möglichen Ausnahme: wenn Thomas Jefferson hier allein zu Abend aß.«

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Shenandoah National Park: Die Skyland Stables bieten geführte Ausritte zu den Wasserfällen

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Kostümierte Bewohner von Williamsburg, einst Hauptstadt des kolonialen Virginia

Richmond, die Hauptstadt von Virginia, entpuppt sich mit etwas Geduld als eine kleine touristische Wundertüte. US-Geschichte en gros tut sich anschließend im Gebiet des Tidewater auf, in jener flachen und sandigen Küstenebene, die sich vom Atlantik ein paar hundert Meilen landeinwärts erstreckt. Dort, zwischen York und James River, wo sich heute Fischerei, Landwirtschaft und hübsche Häuschen auf Stelzen befinden, liegen die legendären Brennpunkte der amerikanischen Geschichte: Jamestown, Yorktown und Williamsburg.

Die amerikanische Besiedlung wurde und wird hier aufs Penibelste rekonstruiert, aus wenig echten Relikten, dafür mit viel patriotischem Willen zum Pathos und immer kompatibel mit der amerikanischen Freude am Entertainment. Das gilt für das historische Freilichtmuseum Jamestown Settlement ebenso wie für das Paradebeispiel amerikanisch-patriotischer Selbstbespiegelung, für Williamsburg, die einstige Hauptstadt des kolonialen Virginia.

Als bekannt wurde, dass Williamsburg unter der Regie und mit dem Geld Rockefellers wieder aufgebaut werden sollte, brach ein regelrechtes Restaurationsfieber aus, gegen das kein Archiv und keine Bibliothek des Landes immun waren. Architektenbüros, Denkmalvereine und wissenschaftliche Gremien übertrafen sich gegenseitig bei der Forschung nach Vorlagen, historischen Details und archäologischen Daten. Resultat ist eine perfekt rekonstruierte Kleinstadt als Kulisse für unterhaltsamen Geschichtstourismus und doch zugleich auch Vision von suburbia der oberen Mittelklasse im 20. Jahrhundert.

Das Reich der Delfine, Pelikane und Silberreiher

Ab Virginia Beach sind wir endgültig am Atlantik, Wassersport und gepflegtes Nichtstun sind überall ein Thema, bei den wilden Ponys in den stillen Reservaten von Chincoteague und Assateague und erst recht im quirligen Ocean City, Maryland. Die meisten Strände sind als Spielplätze der großen Städte in der Hauptsaison entsprechend bevölkert, doch überall findet man meilenlange stille Paradiese, um die reiche Tierwelt zu beobachten, die ständig dem Prinzip des all you can eat hinterher ist. Die Delfine draußen vor der Küste; die Pelikane, die aus der Luft den catch of the day ausgucken; die Winzlinge auf fixen Beinchen, die hektisch im Sand des Flutsaums herumstochern; die weißen egrets (Silberreiher), die gelegentlich aus den Wattwiesen herüberkommen, um die Fischkarte der Seeseite auszuprobieren, oder die fossilen horseshoe crabs, die seit 600 Millionen Jahren in den Ozeanen leben und deren kupferhaltiges Blut sich bei Kontakt mit der Luft blau färbt.

Nach der viktorianisch verspielten Pfefferkuchenwelt von Cape May wirkt Atlantic City wie ein schriller Schocker. »Unser Begrüßungsteppich ist ein sieben Kilometer langes Stück reine Elektrizität«, tönt die Tourismuswerbung der Glücksspielmetropole und lockt zum Big Business mit Kugel und Karte, Stars und Shows. Zwischen Brandmauern und Brandung verlaufen die harten Verwerfungen, aus denen der soziale Zündstoff der amerikanischen Gesellschaft stammt. Arm und Reich, Hütte und Palast – selten sieht man sie so dicht Wand an Wand. Hier sucht niemand nach den Kolonialmythen oder dem Glück im Winkel. Die täglich per Bus anrollenden Besucher träumen vom plötzlichen Reichtum im Wallfahrtsort der Neuen Welt. Ob Cape May oder Atlantic City, niedliches Fin-de-siècle-Finale oder schräge Jackpot-Welt: Von beiden Orten kann man am nächsten Tag die Abendmaschine in New York erreichen.

In Virginia Beach am Atlantik beginnt die Extraroute. Sie führt auf die Outer Banks, diese weit ins Meer vorgeschobene Kette schmaler Inseln, die zu den schönsten und unbekanntesten Regionen der amerikanischen Ostküste gehören. Hier wird das Herz so weit wie der Horizont, hier gibt es seltene Pflanzen und Vögel und nur wenige Touristen. Wer rauen Wind und Salz auf der Haut nicht scheut, kann besonders auf den südlichen Inseln wie Ocracoke Island idyllische und naturnahe Tage verleben. Die Outer Banks, das sind kleine Paradiese für Naturfreunde weit draußen im Meer, pur und ohne jeden Schnickschnack, eine Therapie für Geist und Körper. Über Beaufort und New Bern geht es dann landeinwärts und zurück nach Virginia Beach.

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Boardwalk in Atlantic City: Das Zockerparadies am Meer lockt mit Kasinos und Kirmes

Details zur Route – und ein paar Tipps

Unsere Route führt durch die US-Bundesstaaten Pennsylvania, Maryland, Virginia, North Carolina, Delaware und New Jersey und auf dem Weg entdecken wir Großstädte wie Philadelphia, Baltimore, Washington DC, Virginia Beach und Atlantic City. Nur selten sind wir dabei auf Rennstrecken unterwegs, sondern meist auf Nebenstraßen, die allerdings oft mehrspurig sind, denn die Ostküste ist verkehrsmäßig dicht vernetzt. Insgesamt addiert sich die Strecke auf 1728 Kilometer oder 1080 Meilen.

Weil es dabei jede Menge zu sehen gibt, sind die beschriebenen 14 Tage randvoll mit Programm – da ist jeder zusätzliche Tag ein Gewinn. Wer nur exakt zwei Wochen zur Verfügung hat, sollte die Rundreise deshalb ab und bis Philadelphia planen. Mit drei Wochen Zeit kann man schon großzügiger wirtschaften, beispielsweise in New York starten (da sind die Flugpreise meist günstiger) oder nach Philadelphia fliegen und sich unterwegs auf der Strecke mehr Zeit lassen. Zum Bleiben gibt es überall beste Gründe: Im Lancaster County empfiehlt sich ein Extratag für eine Visit-In-Person-Tour zu den Amish (siehe Magic Moment 2. Tag, hier), im Shenandoah National Park lohnt sich ein Zusatztag für einen Ausritt, für Wanderungen oder die hervorragenden Rangertouren (7. Tag) und Colonial Virginia, die Kernzone der ersten Besiedlung des amerikanischen Kontinents durch die Briten, bietet mit Jamestown, Williamsburg und Yorktown ohnehin Stoff für mehrere Tage (10. Tag). Ideal wäre zwischendurch auch mal programmfreies Faulenzen, beispielsweise am Strand von Virginia Beach (11. Tag).

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Inner Harbor in Baltimore: Die historischen Schiffe sorgen für nautisches Flair

Wer noch vier Tage (oder besser noch eine Woche) drauflegen kann, nimmt auch die Extratour mit, die ab/bis Virginia Beach auf die Outer Banks (insgesamt 774 km/483 mi) führt. Die langen, schmalen Inseln liegen zwar nur 50 Kilometer vor der Festlandsküste, aber wer mit der Fähre übersetzt, landet in einer anderen Welt. Je weiter man nach Süden fährt, desto beschaulicher wird die Reise, vom bonbonbunten, rummeligen Nags Head bis zum charmant verschlafenen Ocracoke an der südlichen Spitze des Cape Hatteras National Seashore.

Unterwegs warten Naturschutzgebiete und endlose Strände ganz ohne Party und Remmidemmi, eben Natur pur. Das idyllische Ocracoke selbst ist so verschlafen als hätte man das Dörfchen aus den Subtropen des vorletzten Jahrhunderts hergebeamt. Zwar haben die Amerikaner mittlerweile auch die Outer Banks entdeckt, Ferienhäuschen wachsen auf hochwassersicheren Stelzen aus dem Boden, genauso wie Fast-Food-Hütten, Motels und Tankstellen, aber es gibt immer noch jede Menge paradiesische, menschenleere Flecken. Wer den Baderummel liebt mit allen Wassersportarten und regem Kneipenleben, der ist allerdings in Virginia Beach besser aufgehoben.

Die Straßen sind auf der gesamten Route ziemlich perfekt, viele Strecken werden allerdings derzeit ausgebaut, dann steht da ein Construction-Schild, mit dem das eigene GPS-Gerät nicht viel anfangen kann. Deshalb schadet es nichts, wenn man ganz analog die Straßenkarte griffbereit hat, weil einen das Navi erstmal wieder auf die gesperrte Route lotsen will. Wichtig und für unsereinen immer wieder irritierend ist die Tatsache, dass man auf den Schnellstraßen und Highways der Ostküste auch rechts überholen darf.

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Wilde Ponys: Celebrities der Outer Banks

Abenteuerlich, aber problemlos zu fahren ist das Straßen-Spaghetti rund um Virginia Beach und geradezu aberwitzig erweist sich die Streckenführung von Virginia Beach nach Norden durch das Chesapeake Bay Bridge-Tunnel-System, wo man gefühlt ins offene Meer hinausfährt, um dann zu erleben, wie die Schnellstraße quasi mitten auf dem Wasser in einen Tunnel abtaucht.

Dieser Chesapeake Bay Bridge-Tunnel ist mit 37 Kilometern Länge einer der größten Brücken-Tunnel-Bauten der Welt und verbindet den Bereich Hampton Roads, Virginia mit der Delmarva-Halbinsel über die US 13, die Konstruktion besteht aus drei Brückenteilen und zwei Tunneln – die Fahrt ist alternativlos, weil es keine Umgehungsstraße gibt, kostet Gebühren ($ 15) und ist ein einmaliges Erlebnis.

Natürlich muss sich kein Reisender sklavisch an die vorgeschlagenen Programme halten, sie sind nur der rote Faden dieser Route, der helfen soll, nichts Wichtiges zu verpassen und das Reiseziel auch hinter den Kulissen zu entdecken. Alle genannten großen Hits und kleinen Tipps sind als Vorschläge zu verstehen, man kann sie spontan nutzen oder auslassen. Ein einziger Programmpunkt braucht allerdings Vorbereitung und ist ohne Vorbuchung nicht machbar: der Rundgang durch das Kapitol in Washington DC. Wer daran interessiert ist, muss sich möglichst früh vorab per Internet anmelden. Man muss also in der eigenen Reiseplanung festlegen, an welchem Tag man in Washington sein will und um welche Uhrzeit man am Rundgang, der etwa eine Stunde dauert, teilnehmen möchte. Und bitte mehr Zeit einplanen, denn wegen der Sicherheitsvorkehrungen muss man schon 45 Minuten vor dem Tourbeginn vor Ort sein (Details siehe 6. Tag, hier). Online zeigt ein Kalender, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten Plätze für geführte Touren frei sind: www.visitthecapitol.gov.

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Manhattan: Wegen der günstigen Flugtarife kann die Tour auch in New York beginnen

Parken ist nicht nur vor dem U. S. Capitol ein Problem (deshalb wählt man öffentliche Verkehrsmittel), sondern ist in allen Großstädten auf der Strecke speziell über Nacht ein teurer Spaß und kann 35 bis 40 Dollar kosten. Alle großen Hotels bieten einen Valet Parking Service: Man steigt vor dem Hoteleingang aus und entlädt das Gepäck, der Bellboy kümmert sich darum, dass das Auto weggeparkt wird. Sobald man in ländlichere Gebiete und Kleinstädte wie Staunton kommt, ist es damit vorbei und man kann das Auto selbst abstellen, bei allen Motels liegen die Parkplätze ohnehin direkt vor den Zimmern und sind kostenlos.

Wer seine Route in Philadelphia begonnen hat und am Ende gerne eine Stippvisite oder einen Tagesausflug nach New York anhängen möchte – aber möglichst ohne den Stress mit dem Pkw, für den gibt es eine elegante Alternative. Von Atlantic City geht es eine Autostunde hinauf an die Küste, man quartiert sich beispielsweise im Holiday Inn Express in West Long Branch in New Jersey ein und fährt am nächsten Morgen von Atlantic Highlands mit dem superschnellen Katamaran von Seastreak über die Bucht nach Manhattan.

Mit dem Katamaran nach Manhattan

Das Schiff legt sowohl an der Pier 11 als auch an der East 35th Street an. Hin- und Rückfahrt kosten 45 Dollar (Kinder bis 12 Jahre sind frei) und die Fahrt ist ein Vergnügen für sich. Das Auto parkt an der Pier von Atlantic Highlands gratis (auch über Nacht). Der erste Katamaran geht morgens 7 Uhr, die letzte Rückfahrt ab East 35. Straße um 21.45 Uhr. Tickets und Fahrplan: www.seastreak.com.

Für alle, die an Zeit und Geld nicht sparen müssen: Von New York aus lässt sich an die Ostküsten-Rundreise jederzeit die Vista-Point-Tour durch Neuengland anschließen, 14 Tage durch jene Gründungsstaaten, in denen der Kampf um die Unabhängigkeit von der englischen Krone begann und wo Poeten wie Robert Frost, Mark Twain, Hermann Melville und Maler wie Edward Hopper amerikanische Kunst- und Literaturgeschichte schufen.

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Capitol in Washington DC: Wer hinein will, muss sich rechtzeitig im Internet anmelden

Ein Tag auf der Überholspur
New York

Auch wenn unsere eigentliche Ostküsten-Tour in Philadelphia beginnt, ist New York doch der Paukenschlag, der die Reise eröffnen könnte. Hier landen die meisten Airlines aus Europa und die Tickets nach New York sind wegen der großen Konkurrenz am günstigsten. Schon auf der Taxifahrt nach Manhattan, wenn die Skyline immer näher kommt und der Wagen endlich in die Straßenschluchten eintaucht, spürt man die Energie, die dieser Ort ausstrahlt. Neulinge sollten sich wenigstens einen Tag für ein intensives Einsteigerprogramm gönnen. Wiederholungstäter finden Extra-Tipps.

Ein Rundgang durch Manhattan

Ankunftsabend Besuch des Empire State Building.
 
Vormittag Mit dem Taxi nach Brooklyn – über den Fußweg (Walkway) der Brooklyn Bridge – City Hall – St. Paul’s Chapel – One World Trade Center und 9/11 Memorial – Lunch im Winter Garden.
Nachmittag Mit Subway oder Taxi zum Grand Central Terminal, von dort wahlweise auf die Fifth Avenue, zum Rockefeller Center mit Top of the Rock (vorab online bei der Ticket-Bestellung Tag und Uhrzeit reservieren!) und zum Central Park – oder direkt zum Times Square.
Abend Broadway-Show oder Relaxen im Drehrestaurant The View am Times Square.

Für NY-Neulinge ist die Silhouette des Empire State Building der zentrale optische Anker in der Skyline, und eigentlich sollte jeder Erstling hier seinen Antrittsbesuch machen. Gerade am Ankunftsabend ist das der beste Auftakt, der sich denken lässt. Wie ein stabiler Mast ragt es aus dem Häusermeer von Midtown empor und zum Sonnenuntergang gibt es kaum einen besseren Platz als die Freiterrasse im 86. Stock, auf der man wie im Mastkorb auf den steinernen Ozean hinabschaut.

Ringsherum blitzen Millionen Lichter auf und tief unten fließen die roten Rücklichter der Fahrzeuge wie Magma durch die Straßenschluchten. Bis 1973 war das Empire State Building der höchste Turm der Welt und seine Superlative beeindrucken immer noch: 60 000 Tonnen Stahl sind hier verbaut, 73 Aufzüge bringen täglich 16 000 Angestellte und 7000 Besucher in 102 Stockwerke, alle zwei Wochen müssen 6500 Fenster geputzt werden.

Mit einmal Umsteigen erreicht man das 102. Stockwerk mit der verglasten Aussichtsterrasse; aber am schönsten, weil mit Open-Air-Plattform ist der Blick von der vergitterten Freiterrasse im 86. Stock. Hier kommen zur Aussicht auch die Sensationen für die anderen Sinne: Der Wind reißt an den Haaren und zerlegt zuverlässig die Frisur, und vor allem hört man den ganz speziellen Sound der Megacity, einen Mix aus dem heiseren Gebrüll der Klimaanlagen, dem Tuten und Röhren der Schiffe, aus hupenden Taxis und jaulenden Polizeisirenen.

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Main Deck in 86. Stock des Empire State Building: Hier röhrt der Sound der Stadt

Bis Mitternacht ist die Plattform geöffnet, Zeit genug, sich bei einer ersten Orientierung die Geografie Manhattans einzuprägen. Im Norden beherrscht das massive Rockefeller Center das Bild, neuer Blickfang sind die aberwitzig schlanken Türme wie 432 Park Avenue, der mit 426 Metern wie ein Zündholz in den Himmel ragt, der Neubau One57 mit 306 Metern und der Central Park Tower, der noch im Bau ist und mit 472 Metern alles überbieten soll. Dahinter dehnt sich der Central Park als großer, dunkler Teppich. Im Westen fließt der Hudson, an dessen Ufer fast auf gleicher Höhe die Türme des neuen Stadtteils Hudson Yards in den Himmel wachsen.

Auf der anderen Seite des Hudson River liegt New Jersey mit Piers und Hafenanlagen; im Osten lassen sich im Hochhausgewirr auf Anhieb zwei Bekannte ausmachen, die man schon tausendmal gesehen hat, auch wenn man noch nie hier war: das flache, schwarze Gebäude der United Nations am Ufer des East River und das elegante Chrysler Building mit seinem siebenstufig geschwungenen Strahlenkranz.

Nach Süden öffnet sich ein breites Wellental, das die New Yorker »The Valley« nennen: der Flickenteppich der ethnischen neighborhoods mit den Vierteln Chelsea und Gramercy, Greenwich Village, Little Italy und Chinatown. Dahinter, fast schon fern am Horizont steigt die letzte Hochhauswelle des Finanzdistrikts in den Himmel, mit dem neuen One World Trade Center als höchstem Turm.

Zu Fuß über die Brooklyn Bridge

Durch den Jetlag ist man am nächsten Morgen schon früh munter und kann den Tag mit einem Spaziergang beginnen, dem schönsten, den New York zu bieten hat: über den hölzernen Walkway der Brooklyn Bridge, der sich hoch über die Fahrbahnen spannt, am besten natürlich von Brooklyn aus nach Manhattan, wo Tausende von Fenstern und Spiegelfassaden im ersten Tageslicht gleißen. Dafür lässt man sich vom Taxi hinüber nach Brooklyn fahren, dorthin wo der Brückenaufgang beginnt. 22 Kilometer stählerne Seile halten die 1883 eröffnete und als Weltwunder gefeierte Hängebrücke mit ihren neugotischen Pfeilern und 530 Metern Spannweite. Diese Stahlseile machen den Weg von Brooklyn hinüber nach Manhattan zum grafischen Ereignis, denn mit jedem Schritt zerlegt das Gitternetz die Skyline zu einem neuen Puzzle.

Am Ende der Brückenrampe geht es nach links durch die Park Row, vorbei an der City Hall, dem Sitz des Bürgermeisters, bis zum Broadway in die südlichste Spitze Manhattans und die Keimzelle der heutigen Stadt. An der Kreuzung Broadway & Fulton Street steht mit der St. Paul’s Chapel New Yorks älteste Kirche aus dem Jahr 1766. George Washington schickte hier ein Dankgebet zum Himmel, als er ins Präsidentenamt eingeführt wurde; im Nordchor ist sein Kirchenstuhl markiert.

Nur wenige Meter weiter westlich ragt das neue One World Trade Center in den Himmel, zu seinen Füßen das 9/11 Memorial mit dem Memorial Museum. Die Memorial Pools, zwei große Becken mit Wasserfällen, die zehn Meter in die Tiefe stürzen, kann man gratis besuchen. Die schwarzen Becken sind von Granitplatten eingefasst, die die Namen der Opfer tragen, weiße Rosen markieren einen Geburtstag. Das 9/11 Tribute Center informiert Besucher mit einer eindrucksvollen Ausstellung. Hier starten auch die täglichen, gut einstündigen Rundgänge, geführt von Zeitzeugen und Angehörigen der Opfer, die den 11. September 2001 aus ihrer Sicht schildern.

Die Aussichtsplattform des One World Trade Center, das One World Observatory, wurde 2015 eröffnet und ist eine der größten Touristenattraktionen. Der Besuch nimmt viel Zeit in Anspruch, denn im Innern schieben sich meist endlose Besucherschlangen durch die Gänge, die man von den Ticketschaltern aus nicht sehen kann. Auf langen Wegen wird man durch mehrere Stationen geleitet, fährt schlussendlich irgendwann mit einem der fünf Aufzüge in den 102. Stock, wo es erneut ein Video zu sehen gibt – bis man endlich ins vollverglaste Observatory eingelassen wird.

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One World Trade Center: Fünf Aufzüge bringen die Gäste nach oben

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Walkway der Brooklyn Bridge: der schönste Spaziergang, den New Yorks zu bieten hat

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Brookfield Place: Im Glas-Foyer sitzt man unter Palmen, draußen lockt die Promenade

Remmidemmi wie auf der Kirmes

Dort wird es nicht wirklich besser, denn es herrscht ein Remmidemmi wie auf der Kirmes. Guides mit Mikrofonen stehen vor interaktiven Bilderwänden und preisen New Yorks touristische Attraktionen marktschreierisch an wie Gurkenhobelverkäufer vor dem Kaufhaus. Wohin man sich auch wendet, es gibt keinen Ort, wo man Ruhe hätte um den Blick und die verglaste Aussicht wirken zu lassen. Selbst die Produkte der großen Souvenirstände sind von so ausgesuchter Hässlichkeit, dass man nur noch staunen kann.

In dem lärmigen Getriebe wird man den Eindruck nicht los, die Gäste sollen hier oben möglichst überhaupt nicht zur Besinnung kommen und bloß nicht daran denken, woran man hier oben einfach immer denkt: an die Katastrophe von 9/11 und an die privaten Tragödien, die sich dabei abspielten. In diesem neuen One World Trade Center fehlt alles, was die zerstörten Zwillingstürme für Gäste und Besucher so besonders machte. Im Nordturm im 107. Stock konnte man nobel im (nicht besonders teuren) Restaurant Windows on the World speisen, das den Blick über ganz Manhattan bot. Am schönsten aber war das offene Aussichtsdeck auf dem Südturm, auf dem man im 110. Stock im Freien an der Brüstung stand, auf der höchsten Dachterrasse der Welt, Wind in den Haaren und das ferne Gedröhne der Stadt in den Ohren. Und keine Glasscheibe, die die Fotos verdarb.

Mittags-Snack im Glaspalast

Auch im neuen One World Trade Center gibt es die Möglichkeit, etwas zu essen, aber alle Restaurants liegen offen in der Halle und der Lärmteppich ist überall der gleiche. Erstaunlicherweise wird der phänomenale Ausblick kaum in das Design eingebunden, an den meisten Bars und Tischen sitzt man mit dem Rücken zur Fensterfront.

Für einen Mittagssnack fahren wir mit dem Aufzug (in dem ebenfalls ein Film läuft) wieder nach unten und gehen ein paar Schritte zum Winter Garden im ehemaligen World Financial Center, das seit 2014 Brookfield Place heißt. Der gigantische gläserne Kuppeldom ist schön wie eh und je. Auch er wurde bei den Anschlägen komplett zerstört, aber nach einjähriger Bauzeit wieder eröffnet. Im grandiosen Foyer sitzt man unter echten kalifornischen Palmen, nebenan gibt es ein Dutzend Restaurants und Delikatessenläden mit köstlichen Snacks to go.

Hier schlägt der Puls der Stadt

Danach wird ein Taxi gestoppt und ab geht die Fahrt durch die Gassen und Straßen von Chinatown und Little Italy nach Norden. Ziel der Fahrt ist das Grand Central Terminal, New Yorks schönster Bahnhof, der beinahe dem rasanten Wechsel aus Zerstörung und Neuschöpfung, der in dieser Stadt zum Alltag gehört, zum Opfer gefallen wäre. So sollte dieses architektonische Bravourstück des amerikanischen Jugendstils in den späten 1960er Jahren Platz machen für ein Hochhaus.

Jacqueline Kennedy Onassis kämpfte gemeinsam mit einer Bürgerinitiative zehn Jahre gegen den Abriss, durch alle Instanzen bis zum Supreme Court, dem Obersten Gericht der USA. 1978 entschied die Mehrheit der Richter, dass Städte alte Gebäude zu Baudenkmälern erklären dürfen – das war bis dato nicht so. Damit blieb der Bahnhof erhalten und der Grundstein für ein Denkmalschutzgesetz war gelegt.

Weil die Schienen beim Bau unter die Erde verlegt wurden, entstand der bildschöne Main Concourse, eine Halle, die bis heute jeden Besucher staunen lässt, größer als das Kirchenschiff von Notre- Dame in Paris und voll architektonischer Zitate wie dem doppelten Treppenaufgang nach dem Vorbild der Pariser Oper. Für Drama und tolle Fotos sorgen auch die 23 Meter hohen Bogenfenster, durch die an schönen Tagen die Sonnenstrahlen schräge Bahnen werfen. Die Gewölbedecke ist ein Sternenhimmel: 2500 Lichtpunkte bilden die Tierkreiszeichen, die mit goldenen Bändern verbunden sind. Die Uhr aus Opal, die angeblich 20 Millionen Dollar wert ist und die Zeit in alle vier Himmelsrichtungen anzeigt, ist ein beliebter Treffpunkt.

150 000 Menschen kamen zur Eröffnung, als am 2. Februar 1913 der erste Zug pünktlich den Bahnhof verließ. Heute ist die Zeit der transkontinentalen Reisen im Pullmanwagen vorbei und Grand Central ist ein Drehkreuz im New Yorker Subway-Netz und Bahnhof für die Pendler aus den Vororten, die den Main Concourse im Laufschritt durchqueren. 700 000 sind es jeden Tag und wenn man auf dem Westbalkon im Freien sitzt und hinabschaut, meint man in dem Gewimmel der umher eilenden Menschen den Puls der Stadt zu sehen. Als schönste Adresse im Grand Central Terminal gilt die Oyster Bar im Untergeschoss, ein Klassiker der New Yorker Gastronomie und eine erste Adresse für Seafood-Fans.

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Grand Central Terminal: Jacqueline Kennedy rettete den Bahnhof vor dem Abriss

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St. Patrick’s Cathedral: Die größte Kathedrale der USA bietet Stille im Trubel

Selfies lieber am Vormittag

Wer auf alle weiteren Highlights verzichten und auf dem schnellsten Weg zum Times Square und den Broadway-Bühnen gelangen will, der bleibt auf der 42. Straße, geht drei Blocks nach Westen und ist am Ziel. Dabei überquert man (zwei Blocks von Grand Central nach Westen) die Fifth Avenue, die man bei genügend Zeit und Kondition wahlweise auch nach Norden Richtung Central Park entlangbummeln kann. Rechter Hand passiert man dabei die St. Patrick’s Cathedral, die größte Kathedrale der USA. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wartet eine weitere touristische Sensation: Top of the Rock, die spektakuläre Aussichtsplattform des Rockefeller Center, die einen Rundumblick nicht nur auf Midtown Manhattan und Central Park bietet, sondern 80 Kilometer weit. Für die beliebten Selfies mit dem Empire State Building im Rücken sind die Lichtverhältnisse am Vormittag die besten, nachmittags hat man die Sonne meist im Rücken.

Auch für die Auffahrt zum Top of the Rock gibt es Wartezeiten und bei starkem Andrang muss man sich an der Kasse eine Uhrzeit sagen lassen, zu der man wiederkommen kann. Am besten vorab online Tickets mit festen Zugangszeiten buchen. Der Blick vom Top of the Rock hat dem vom One World Trade Center viel voraus: Hier ist man mittendrin in der City und vor allem ist man im Freien, auf der 67. und 69. Etage noch durch hohe Glasscheiben vom Wind abgeschirmt, auf der Terrasse im 70. Stock ist der Rundumblick völlig frei und offen, ideal für Fotografen. Für den Besuch auf den drei Terrassen muss man (ohne Anstehzeit) mindestens eine Stunde einplanen, vorher kann man sich von dem Ausblick nicht losreißen.

Das Rockefeller Center ist mit seinen 19 Gebäuden eine eigene Stadt und der gewaltige, goldene Prometheus, der über der tiefergelegten, fahnengeschmückten Sunken Plaza schwebt, einer der beliebtesten Meeting Points in Midtown. Im Winter kann man hier Eis laufen, im Sommer lockt ein Freiluftcafé. Anfang Dezember wird hier Christmas eingeläutet – mit Musikkapellen, Nussknackerparaden und 18 000 Glühbirnchen am größten Weihnachtsbaum New Yorks, der von einem 250 Kilo schweren Swarovski-Stern gekrönt wird.

In der Eingangshalle des Hauptgebäudes liegt die Broschüre »Walking Tour of Rockefeller Center« mit neun Stationen aus. Zum Rockefeller Center gehören der wieder eröffnete, märchenhaft schöne Rainbow Room im 65. Stock mit angeschlossener Bar und die Radio City Music Hall. Der Art-déco-Tempel, 1999 aufwendig restauriert, ist Heimat der Rockettes und des »Christmas Spectacular«, einer sehr amerikanischen, sprich hinreißend kitschigen Show, die jeweils von November bis Januar über die Bühne geht und seit 1933 Bestandteil der amerikanischen Weihnachtszeit ist.

Wer der Fifth Avenue weiter folgt, nimmt allen großen Modelabels die Parade ab, dazu Klassikern wie Tiffany’s, wo es weiterhin teure Juwelen, aber immer noch kein Frühstück gibt. Schließlich prangt rechter Hand der Trump Tower wo sich ein Blick ins fünfstöckige Foyer lohnt. Mit Wänden aus orangefarbenem Marmor, stürzenden Wasserfällen und zahllosen Nobel- und Kitsch-Boutiquen gilt das goldstrotzende Gebäude heute als Symbol des hirnlosen Goldrauschs der 1980er. Der Meister selbst, der großmäulige Immobilienmogul und Erzrepublikaner Donald Trump, hat sich das oberste Luxusapartment gesichert.

Luftschlösser mit Schattenseiten

Die noble Central Park South ist die Verlängerung der 59. Straße und die Adresse der teuersten Hotels der Stadt mit Suiten, die nicht selten 3000 Dollar pro Nacht kosten. Noch teurer und dazu größtenteils unbewohnt sind die neuen Hochhäuser, die hier in den Himmel wachsen wie in der 57. Straße die bereits fertiggestellten One57 (306 m), 432 Park Avenue (426 m), das wie ein Streichholz in den Midtown-Himmel ragt, und der Central Park Tower genannte Nordstrom Tower (217 West 57th St.), der 472 Meter hoch und 2018 eröffnet werden soll. Auch die Neubauten 111 West 57th Street (438 m) und 107 West 57th Street sind Symbole einer globalen Elite, die Residenzen sammelt wie andere Leute Briefmarken. Die weitaus meisten Besitzer dieser Luxusdomizile leben im Ausland, von Kanada über Russland bis China und Saudi-Arabien und investieren ihre Millionen als Geldanlage in die neuen Luftschlösser. Was die New Yorker erbost, denn gerade die neuen Skyscrapers am Südrand des Central Park werfen lange Schatten in die grüne Oase.

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Prometheus am Rockefeller Center: Der Goldjunge ist ein beliebter Treffpunkt der New Yorker in Manhattan

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Times Square: das Herz des Broadway

Dagegen wirkt das elegante, im Stil französischer Schlösser gebaute The Plaza an der Ecke Fifth Avenue und Central Park South mit seinen Fahnen und den bunten, in der Einfahrt wartenden Kutschen wie ein Versatzstück aus einer Märchenwelt. Bis heute ist der Bau eine Legende der Hotelwelt und eines der Wahrzeichen Manhattans. Hier nehmen wir uns ein Taxi und fahren zum Times Square, der lang gestreckten, aus unzähligen Lichtern und Leuchtreklamen flimmernden und flirrenden Kreuzung der Seventh Avenue mit dem Broadway. Für Theaterfans und Musical-Lover liegt hier das Mekka der amerikanischen Showkultur.

In den Querstraßen ringsherum konzentrieren sich über 40 Bühnen. Sie sind gemeint, wenn vom Broadway die Rede ist. Seit 2009 ist der Broadway zwischen der 47. und 42. Straße für den Verkehr gesperrt und alle sind vom neuen Flanierflair begeistert, denn seither kann man auf dem Times Square abgasfrei in Freien sitzen. Auch der nahe Herald Square wurde begrünt und fußgängerfreundlich umgestaltet.

Wer bereits in Deutschland das Ticket für die Wunschshow am Broadway reserviert hat, kann sich entspannt zum jeweiligen Theater begeben. Restplätze für alle Theater-, Ballett- oder Show-Events des jeweiligen Abends gibt es am Broadway, Ecke 47. Straße am Stand mit den Riesen-Lettern »TKTS« (sprich: Tickets) zum halben Preis. Auf großen Anzeigetafeln kann man das aktuelle Angebot studieren.

Cocktail mit Aussicht

Um den Abend mit einem Cocktail oder einem gepflegten Essen abzuschließen, ist der Times Square keine optimale Adresse, hier dominieren lärmige und immer überfüllte Abfütterstationen wie das Hard Rock Café und Take Aways, bei denen man für ein Stück heißer Pizza auf dem Pappteller ansteht. Aber die Rettung ist nicht weit: Im Hotel Marriott Marquis am Broadway 1535 wartet das einzige Drehrestaurant der Stadt. Dort speist man im voll verglasten 47. und 48. Stock wahlweise im Restaurant (drei Gänge nach Wahl für $ 89) oder in der Lounge, wo man auch ohne Reservierung einen Platz bekommt. Hier kann man das Buffet räubern ($ 38) oder wahlweise zum Drink nur Dessert und Käse nehmen ($ 21) – alles ohne Remmidemmi und mit stilvollem Abschiedsblick auf das nächtliche New York.