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INHALT

TOP 10
toc8 BALI
Indien und Südsee paradiesisch vereint
toc8 CHRONIK
Daten zur balinesischen Geschichte
toc8 SANFTE LANDUNG IM »MORGEN DER WELT«
DIE SCHÖNSTEN REISEREGIONEN BALIS
toc1 SÜDBALI
Sonne, Strand und Spaß
toc2 OSTBALI
Unter dem Vulkan
toc3 ZENTRALBALI
Kunst und Kunsthandwerk satt
toc4 NORDBALI
Lavastrände und Kraterseen
DIE REIZVOLLEN NACHBARN: LOMBOK, KOMODO UND SULAWESI
toc5 LOMBOK
Trauminsel im Abseits
toc6 KOMODO
Wo die »Drachen« hausen
toc7 SULAWESI
Geheimnisvolles Toraja-Land
VISTA POINT ROUTE ÜBER BALI
Unterwegs zu den Höhepunkten der Insel
Sanur – Batubulan – Klungkung – Padang Bai – Candi Dasa – Tenganan – Besakih – Tirtagangga – Kubutambahan – Penulisan – Kintamani – Penelokan mit Gunung Batur – Bangli – Tampaksiring – Pejeng – Ubud – Sangeh – Mengwi – Bratan-See – Tamblingan-See – Gitgit – Singaraja – Lovina Beach – Banjar – Tanah Lot – Kuta/Legian – Denpasar – Sanur – Nusa Dua – Ulu Watu – Kuta
toc8 UNTERKÜNFTE
toc8 SERVICE VON A BIS Z
Orts-, Sach- und Namenregister
Bildnachweis
Impressum
Zeichenerklärung
Images

BALI

LOMBOK · KOMODO · SULAWESI

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red left arrow Eine Übersichtskarte von Bali mit den eingezeichneten Reiseregionen finden Sie in der vorderen Umschlagklappe.

TOP 10

Image Tanah Lot
S. 30
Auf einer Koralleninsel direkt vor der Südküste liegt Balis meistbesuchter und berühmtester Tempel.

Image Ulu Watu
S. 31
Die Kulisse dieses hoch über dem Südkap Balis thronenden und auf drei Seiten von der Brandung des Indischen Ozean umtosten Klippentempels ist schlicht überwältigend: Vor allem, wenn die Sonne rotglühend hinter den pagodenartigen Schreinen im Meer versinkt.

Image Pura Besakih
S. 44 ff.
Die aus mehr als 30 Einzelkomplexen bestehende Sakralanlage an der oft von Nebelfetzen umwehten Flanke des Agung-Vulkans ist Zentrum des religiösen Lebens auf Bali.

Image Tirtagangga
S. 51
Eingebettet in Reisterrassen, vom Vulkankegel des Gunung Agung überragt, erstreckt sich in Sichtweite des Meeres der prächtige Wasserpalast.

Image Ubud
S. 71 ff.
Inmitten der Tropenlandschaft im zentralen Hochland lockt das kulturelle Herz der Insel mit Ateliers und Galerien, Museen, Tempel und Kultstätten. Die Stadt gelangte nicht zuletzt auch durch den Bestseller und Kinofilm »Eat, Pray, Love« zu weltweiter Berühmtheit.

Image Danau/Gunung Batur
S. 88 ff.
Unvergesslich der Ausblick bei Sonnenaufgang vom 1717 Meter messenden Gipfel des sechskraterigen Schichtvulkans Gunung Batur auf den in der Tiefe grünblau schimmernden See Danau Batur. Auch von der Straße aus, die über dem Kratersee entlangführt, sind die Breitwandblicke auf den »Feuerberg«, der inmitten einer der größten Calderen der Welt aufsteigt, schier atemberaubend.

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Image Danau Bratan
S. 91 ff.
Umrahmt von urwüchsigem Regenwald und mehreren erloschenen Vulkanen erstreckt sich der heilige Bergsee in einer Cinemascope-reifen Landschaft von geradezu mystischer Atmosphäre.

Image Gunung Rinjani
S. 112 f.
Eine der großartigsten Vulkanlandschaften unseres Planeten lohnt den schweißtreibenden Aufstieg in 3726 Meter Höhe.

Image Komodo
S. 116 ff.
Ein Besuch auf Komodo ist eine Zeitreise in jene Epoche vor rund 60 Millionen Jahren, als die letzten Riesenechsen der Saurier-Ära weltweit ausstarben. Nur hier nicht: auf dieser gottverlassenen Kleinen Sunda-Insel, Heimat des Komodo-Warans, der größten noch auf Erden lebenden Echse.

Image Tana Toraja
S. 123 ff.
Inmitten des gebirgigen Herzens von Süd-Sulawesi spielen Geister, Mythen und Ahnenkult bis heute eine wichtige Rolle: Die Kultur der Toraja, eines altmalaiischen Volkes, weltbekannt wegen seiner »hängenden« Gräber und archaischen Dörfer, hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert.

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BALI
INDIEN UND SÜDSEE PARADIESISCH VEREINT

Künstler aus Europa und Amerika waren es, die auf ihrer Suche nach dem Shangri-la Bali »entdeckten«. 30 Jahre später nahmen andere den Weg auf die legendäre »Insel der Götter«, und auch ihnen, den »Blumenkindern«, die nach alternativen Lebensformen suchten, war Bali das ersehnte Land. Bald folgten die Bade- und Kulturhungrigen, und mittlerweile sind es über vier Millionen ausländische Touristen, die alljährlich die Kleine Sunda-Insel besuchen. Und ob sie nun begeistert sind von Sonne und Wellen, von Billigpreisen, einem überreichen Kulturleben oder von Menschen, Landschaft und Natur – alle stimmen darin überein, dass Bali ein einzigartiges Fleckchen Erde ist.

Dass auch Sie zu dieser Überzeugung kommen, dazu will unser Buch beitragen, das die schönsten Reiseregionen auf Bali mit ihren großen und kleinen Sehenswürdigkeiten beschreibt und Geschichten aus allen Bereichen des insularen Lebens erzählt, sodass sich ein facettenreiches Gesamtbild ergibt.

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Moosbewachsene Steinskulpturen verleihen den Tempeln ein altes, ehrwürdiges Aussehen

Und wir helfen ganz praktisch bei der Restaurantauswahl und geben Tipps zum Einkaufen. Auch bleibt genügend Raum für eigene Entdeckerlust durch Extratouren, Abstecher, Umwege und Zusatzangebote, die über Bali hinausführen. Zum Beispiel nach Lombok, Balis Nachbarinsel, die beherrscht wird vom zweithöchsten Vulkan des Archipels, dem 3726 Meter hohen Gunung Rinjani, und die mit vorgelagerten Koralleneilanden aufwartet, die Malediven-Träume wecken. Oder nach Sulawesi, dem ehemaligen Celebes, wo das Volk der Toraja die weltberühmten Hängenden Gräber schuf. Und nicht zuletzt ins Reich der Riesenechsen auf der »Dracheninsel« Komodo – die Reise dorthin gleicht einem Zeitsprung über 60 Millionen Jahre zurück ins Eozän.

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Zeremonie in Balis »Tempel aller Tempel«: der Pura Panataran Agung Besakih

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Kunstvoll angelegte Reisterrassen – ein lohnendes Fotomotiv

Die hier entworfenen Bilder wollen mit eigenen Eindrücken ergänzt werden, denn der Weg zum Verstehen dieses einzigartigen Reiseziels ist manchmal so schmal, dass er nicht vermittelt, sondern nur selbst begangen werden kann.

Vor zwölf Millionen Jahren faltete sich aus gigantischen Grabenbrüchen beidseits der rund zwei Millionen Quadratkilometer großen und unter dem Meer gelegenen Sunda-Scholle, einem Ausläufer des eurasischen Festlandsockels, ein über 5000 Kilometer langer und mit Vulkanen gespickter Gebirgszug auf. Das Rückgrat des Malaiischen Archipels, wie Indonesien in der geografischen Terminologie heißt, war geboren.

Jetzt nahm die Erosion ihre nagende Arbeit auf, und immer wieder brachen die tektonischen Kräfte hervor und spuckten Lava über das in Glutwolken gehüllte Land. Nach und nach wurde es so weit angehoben – während gleichzeitig der Pegel der Weltmeere sank –, dass es eine Brücke zwischen Asien und Australien bildete, die im Wesentlichen nur durch die östlich von Bali verlaufende Lombok-Straße, einen tiefen Meeresgraben, unterbrochen war.

Die Pflanzen- und Tierwelt beider Kontinente machte sich diese Landverbindung, die erst nach den Eiszeiten wieder im Meer versank, zunutze und »wanderte ein«. Das erklärt, warum Flora und Fauna hier älter sind als das Land selbst: Im Westen so alt und hoch stehend wie die der Malaiischen Halbinsel (die sich heute Thailand, Malaysia und Singapur teilen), im Osten so alt und urtümlich wie die Australiens. In Indonesien, dem mit über 17 500 Inseln größten Archipelstaat der Erde, kommen rund zehn Prozent aller bekannten Pflanzen vor (über 40 000 verschiedene Arten), während die Fauna mit über 350 Säugetier-, fast 1000 Reptilien-, rund 2000 Vogel- und mehr als 200 000 Insekten- sowie gut 3000 Fischarten vertreten ist.

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Bei großen Tempelfesten werden tropische Früchte und Blütenblätter von Balinesinnen als Opfergabe für die Götter auf ihren Köpfen zum Tempel getragen

Bali, auf 8° 45‘ südlicher Breite, 115° 10‘ östlicher Länge und knapp 1000 Kilometer südlich des Äquators im geografischen Zentrum des Inselbogens gelegen, hat eine Grenzstellung inne. Während asiatische Großtiere bis hierhin und nicht weiter gelangten, kamen die Vertreter der australischen Fauna (u. a. zahlreiche Beuteltier-, Vogel- und Echsenarten) nur bis Lombok. Gleiches betrifft die Pflanzenwelt.

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Jede Maske ist dank ihrer Handarbeit ein Unikat

In klimatischer Hinsicht wird die kleine Insel, deren Fläche mit rund 5600 Quadratkilometern der Größe des Saarlandes entspricht, von zwei Polen geprägt: einerseits von der relativen Trockenheit der Ostinseln, die einen fast regenfreien Sommer beschert, und andererseits vom tropischen Monsun Westindonesiens, dessen Niederschlagsmengen in Verbindung mit fruchtbaren vulkanischen Verwitterungsböden dazu geführt haben, dass sich Bali heute als ein grüner Paradiesgarten präsentiert.

Knapp 60 Prozent der insularen Bevölkerung sind daher auch in der Landwirtschaft tätig; und den Reisterrassen, die die Balinesen im Laufe der Jahrhunderte angelegt haben, gebührt ein Platz unter den Weltwundern dieses Planeten. Vom Meeresniveau im Süden, wo dichter Palmensaum hinter den weißen Stränden liegt, bis in über 500 Meter Höhe reichen sie als grün gestaffelte Kaskaden hinauf ins Inselinnere, das von einem fast 150 Kilometer langen, von Ost nach West verlaufenden Gebirgszug mit Regen-, Gebirgsregen- und Nebelwald gebildet wird. Über den Reisterrassen bestimmen die Konusformen der Vulkane das Landschaftsbild; der höchste »Feuerberg«, der Gunung Agung, ragt im Osten 3142 Meter in den Himmel. Im 1717 Meter hohen Massiv des Gunung Batur mitten in der im Durchschnitt 80 Kilometer breiten Insel tut sich eine der größten Calderen der Welt auf: Schwarz klaffen die Krater des aktiven Vulkans und schwarz ist auch die Farbe der Lavafelder, die das Blau des Batur-Sees einrahmen. Weiter westlich säumt der Urwald drei ehemalige Kraterseen, und jenseits dieses Gebirgswalls stürzt das Land durch Dschungel und Plantagen steil nach Norden hin ab, wo vulkanischer Obsidian für schwarze Strände sorgt.

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Die Verkörperung einer Himmelsnymphe: Legong-Tänzerin im prachtvollen Brokatgewand

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Surf- und Sonnenuntergangs-Spot: Ulu Watu

Auf Bali tritt die Natur in ihren spektakulärsten Erscheinungsformen auf – und die Kultur steht diesem Superlativ um nichts nach. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich das indische Erbe ebenso erhalten wie das der ersten Einwanderer, die aus dem Bereich des heutigen Südchina stammten.

Vor über 2000 Jahren ließen sich die Deutero-Malaien, ein Volk paläomongolider Rasse und Träger der hoch entwickelten malaiischen Kultur, im Archipel nieder. Um die Jahrtausendwende, als auf Bali bereits eine blühende Zivilisation bestand, trugen indische Priester den Hinduismus über Sumatra und Java hierher, wo er mit der bestehenden Tradition – geprägt vom Glauben an die Allmacht und die Beseeltheit der Natur – verschmolz. Das Ergebnis dieses Synkretismus ist Agama Hindu Dharma, die auf der Welt einzigartige Religion der Balinesen, die sie auch beibehielten, als sich bald über ganz Indonesien der Islam ausbreitete. Rund 92 Prozent der knapp 4,5 Millionen Balinesen gehören diesem Glauben heute noch an – während sich die restlichen 255 Millionen Indonesier zu mehr als 88 Prozent zum Islam bekennen. Ihr Glaube durchdringt das Leben der Insulaner, das dem Fremden so exotisch, fast irreal scheint und das sich eher erspüren als erfassen lässt.

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Silberreiher in freier Wildbahn

CHRONIK BALIS
DATEN ZUR BALINESISCHEN GESCHICHTE

Mithilfe der Methode der Radiokohlenstoff-Zeitbestimmung konnte die Wissenschaft nachweisen, dass sich auf Java (und wahrscheinlich auch Bali) schon vor rund 500 000 Jahren menschliches Leben regte. Pithecanthropus erectus lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für den »aufgerichteten Affenmenschen«, von dem auf Java eine Schädeldecke gefunden wurde. So wichtig diese Entdeckung auch war, die Kontinuität des Anthropogeneseprozesses sowie Herkunft und Alter des »modernen Menschen« blieben ungeklärt, bis Archäologen in Sarawak/Borneo (Ost-Malaysia) auf den Schädel des bisher ältesten Neanthropus stießen: Er hat vor ca. 40 000 Jahren gelebt, aber nicht nur auf Borneo, sondern auch im indonesischen Archipel, wo man dem Homo sapiens in einer Höhle auf Südjava auf die Spur kam.

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Ganesha, der dickbäuchige hinduistische Elefantengott des Anfangs und des Gelingens, wird auch auf Bali verehrt

Vor etwa 12 000 Jahren soll auf Bali bereits eine erste steinzeitliche Kultur entstanden sein, deren Tradition sich bis ins 3. Jahrtausend zurückverfolgen lässt, in eine Zeit, in der die Arier nach Indien einwandern und die ersten Proto- und Deutero-Malaien aus Yünnan (Südchina) auf den Malaiischen Archipel vordringen. Sie gelten als die ältesten Vorfahren des malaiischen Bevölkerungssubstrats und übernehmen spätestens gegen 300 v. Chr. die aus dem Bereich des heutigen Vietnam kommende Dogson-Kultur und damit die Kunst der Bronzeverarbeitung, wovon der berühmte »Mond von Bali« (vgl. hier), der größte vorgeschichtliche Bronzegong der Welt, zeugt.

Eine kulturelle Revolution bringt erst die Eisenzeit, wahrscheinlich von indischen Kaufleuten in den Archipel getragen. Sie sollen dort – griechischen Aufzeichnungen zufolge! – bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. erste Handelsplätze angelegt haben. Ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. ist indischer Einfluss nachgewiesen; im Gefolge der Kaufleute kommen Mönche und Priester ins Land, und ab 400 n. Chr. entstehen zumindest auf Sumatra und Java erste buddhistische und hinduistische Fürstentümer. Im 7. Jahrhundert beginnt das buddhistische Großreich Srivijaya mit Sitz auf Sumatra seinen Einfluss auf ganz Südostasien auszudehnen und auch auf Bali hinterlässt der Buddhismus seine Spuren. Im 8. und 9. Jahrhundert entstehen auf Java der gewaltige hinduistische Prambanan-Tempel sowie in direkter Nachbarschaft der buddhistische Borobodur. Auf dem Gunung Penulisan (vgl. hier) wird eine buddhistische Einsiedelei gegründet, wie die frühesten Inschriften aus dem 10./11. Jahrhundert in altbalinesischer Sprache beweisen. In dieser Zeit verlagert sich (aus bislang unbekannten Gründen) auch das Machtzentrum im Archipel nach Ostjava. Hindu-javanische Einflüsse sind in allen Bereichen des balinesischen Lebens verstärkt festzustellen, das Altbalinesische wird durch das Altjavanische ersetzt. Die Höhlen Goa Gajah und Goa Lawah (vgl. hier und hier) werden zu hinduistischen Heiligtümern ausgebaut; König Airlangga, Sohn einer javanischen Prinzessin und eines balinesischen Prinzen, eint beide Inseln zu einem Reich, in dem das balinesische Element dominiert.

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Tempelzeremonie vor der Fledermaushöhle Goa Lawah (Ostbali), einem hinduistischen Heiligtum seit dem 11. Jahrhundert

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Wayang-Malerei in der Kerta Gosa in Klungkung

Nach seinem Tod im Jahre 1049 wird Bali wieder autonom, die Königsgräber von Gunung Kawi (vgl. hier) werden errichtet, und etwa zur gleichen Zeit entstehen auf Sumatra, Java, Borneo und den Molukken erste muslimische Niederlassungen. Rund 200 Jahre währt Balis Unabhängigkeit. In dieser hinduistisch-buddhistischen Periode, die als »goldene Zeit« bezeichnet wird, bildet sich eine eigenständige indonesische Kultur, und das Land erlebt einen ungeheuren Aufschwung, bis das ostjavanische Majapahit-Reich wieder erstarkt und Bali im Jahre 1343 unterwirft.

Um 1500 dringt der Islam machtvoll vor, und der letzte König von Majapahit flieht mit allen Angehörigen der javanischen Aristokratie sowie den Priestern und Künstlern nach Bali, wo er die Gelgel-Dynastie begründet, die die Insel bis 1651 von Klungkung aus regiert. In der Zwischenzeit ist der Archipel von portugiesischen Seefahrern entdeckt worden, und Portugiesen sind es auch, die 1511 – auf den Molukken – die Kolonialära einleiten. Bereits 1596 errichten ihre Konkurrenten im »Gewürzrennen«, die Niederländer, erste Stützpunkte auf Java. Im Jahre 1602 wird die Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) gegründet, die ab 1619 von Batavia aus, dem späteren Jakarta und Sitz des Generalgouverneurs, Niederlassungen im gesamten Archipel anlegt. Sumatra und Java unterliegen schon bald ihrer Kontrolle.

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Darstellung aus der »goldenen Zeit«: Tunggal als strahlender Sonnengott in Jimbaran

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1597 erreicht die »Bali-Flotte« des niederländischen Forschers Cornelis de Houtman Bali

Mehr und mehr Reiche werden von den militärisch überlegenen Europäern aufgesogen oder durch Bündnisse abhängig gemacht; zu Beginn des 18. Jahrhunderts verfügt die Handelsgesellschaft über einen der größten Territorialbesitze auf dem Planeten. Der Verlust des Handelsmonopols und die politischen Wirren im Mutterland, das im Verlauf der Französischen Revolution seine Selbstständigkeit verliert, lassen das System der VOC 1799 zusammenbrechen. Während dieser Krise gerät der Archipel erst unter französische, dann unter britische Herrschaft, bis die Niederländer 1814 erneut in Batavia einziehen, um gemäß der Londoner Konvention ihre Kolonie wieder zu übernehmen. Unter Anwendung höchst despotischer Mittel wird im Laufe des 19. Jahrhunderts das komplette Inselreich von den »Pfeffersäcken« in Besitz genommen. Schätzungen gehen davon aus, dass allein der Java-Krieg (1825–30), der erste belegte antikoloniale Massenaufstand, über 200 000 Tote unter den Javanern fordert.

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Umzug eines balinesischen Raja und eine Feuerbestattung: balinesische Riten aus Sicht der Niederländer

Auf Bali, wo sich in der Zwischenzeit das Reich von Gianyar zum Beherrscher der Insel aufgeworfen hat, bemühen sich die Niederländer 1817 um erste Bündnisverträge, die nicht zustande kommen; 1843 landen sie auf Lombok, 1846 erfolgt ihr erster Angriff auf Bali, wo sie aber erst 1848 Fuß fassen und bald darauf auch einen eigenen Residenten in Singaraja einsetzen können. Weitere Expeditionen folgen. 1863 wird das Königreich von Gianyar zerschlagen, 1882 erhält Singaraja den Status der Hauptstadt von ganz Nusa Tenggara (dem Inselreich zwischen Bali und Timor), doch noch immer gelingt es den Invasoren nicht, die Insel vollständig zu unterwerfen. Insbesondere die Rajas von Klungkung und Badung (dem späteren Denpasar) weigern sich, die Kolonialherrschaft anzuerkennen. Den Haag rüstet zum Krieg. 1906 kommt es in Badung zum puputan (vgl. hier), der größten rituellen Selbstvernichtungsschlacht der Geschichte. 1908 fällt, ebenfalls nach einem puputan, auch Klungkung in holländische Hände, doch erst 1913 gilt Bali als völlig kolonialisiert. Schon ein Jahr später kommen die ersten Touristen. 1918 beschließt die Kolonialregierung, Bali – das selbst ihr als Paradies erscheint – vor äußeren Einflüssen und vor wirtschaftlicher Ausbeutung zu bewahren.

So bleibt auf der »Insel der Götter« fast alles beim Alten, bis 1942 die Japaner im Archipel landen und Indonesien innerhalb weniger Wochen okkupieren. Es folgen drei Jahre brutalster Schreckensherrschaft des »Brudervolkes«; Hunderttausende Indonesier sterben an Hunger und durch Massenexekutionen.

Als sich die Söhne Nippons am 15. August 1945 den Alliierten ergeben, erfasst ein Freudentaumel das Land, der zwei Tage später seinen Höhepunkt erreicht: Sukarno, der schon 1927 die Partai Nasional Indonesia gegründet und seitdem für die Autonomie gekämpft hat, verkündet zusammen mit seinem Freund Dr. Hatta die »Unabhängigkeit der einheitlichen, demokratischen und sozialistischen Republik Indonesien«. Doch die Holländer wollen die Zeichen der Zeit noch immer nicht verstehen, erkennen die neue Regierung mit Sukarno als Präsidenten und Dr. Hatta als Vizepräsidenten nicht an und landen drei Wochen später von Australien aus auf Java, um ihren »Besitz« zurückzufordern. Die indonesische Regierung flieht von Jakarta nach Yogyakarta (Zentraljava), auf Bali kommt es zu heftigen Kämpfen, aber im Januar 1948 werden die Niederlande von der UNO an den Verhandlungstisch gezwungen und am 27. Dezember 1949 muss Den Haag Indonesien endlich als föderative Republik anerkennen.

Am 17. August 1950 löst Sukarno diese Struktur auf und ersetzt die Föderation durch den Einheitsstaat Republik Indonesia, der noch heute besteht. Aufgrund innerer Unruhen und unklarer Mehrheitsverhältnisse im Parlament kommt es 1957 zu Aufständen und Militärputschen, sodass Sukarno im Februar den Ausnahmezustand verhängt und sein Konzept der »Gelenkten Demokratie« verkündet. 1959 löst Denpasar Singaraja als Hauptstadt Balis ab. Sukarno versucht die drei stärksten politischen Kräfte des Landes – Nationalisten, Kommunisten und muslimische Fundamentalisten – in der Einheitsfront NASAKOM zu formieren. Das Land gerät an den Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Sukarno macht dafür neokoloniale Kräfte verantwortlich, die Südostasien unter ihre Kontrolle bekommen wollen. Doch sein Vorgehen treibt Indonesien in die politische Isolation, und immer stärker muss sich der charismatische Herrscher an China, die UdSSR und andere Ostblockstaaten anlehnen. Die Kommunistische Partei entwickelt sich zur tragenden Kraft im Land.

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»Puputan« in Buleleng (Nordbali) gegen die holländischen Kolonialherren: Der Raja von Bali wählt mit 400 Untertanen den Freitod (1849)

Am 30. September 1965 werden in Jakarta bei einem Putschversuch linksgerichteter Offiziere sechs Generäle, die als Gegner der Kommunistischen Partei PKI galten, ermordet. Der Kommandeur der Strategischen Reserve der Streitkräfte, General Suharto, erklärt sich zum Oberbefehlshaber der Armee, zerschlägt die »Bewegung 30. September« und verbietet sofort die PKI, die mit über drei Millionen Mitgliedern und etwa 20 Millionen Sympathisanten die mächtigste politische Kraft im Land ist. Der Aufruf militanter Muslim-Gruppierungen zur Rache für den Putsch gerät zu einem entsetzlichen Pogrom, der sich über alle Inseln ausbreitet und dem Hunderttausende, nach Schätzungen von Amnesty International nahezu eine Million Menschen – Kommunisten, Gewerkschaftsführer, Sympathisanten und völlig Unbeteiligte, vor allem Chinesen – zum Opfer fallen. Etwa 750 000 Indonesier werden in »Umerziehungslager« gebracht. Sukarno ist noch Präsident mit einer breiten Anhängerschaft im Volk, aber er wird auch als Initiator des Putschversuches bezeichnet, weil sein Vertrauter die Ermordung der Generäle geleitet hat. Darüber hinaus beharrt er auf der Fortführung seines gescheiterten NASAKOM-Konzeptes.

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Aufgrund heftiger Anti-Sukarno-Demonstrationen und auf militärischen Druck hin legt Sukarno 1966 sein Amt als »Präsident auf Lebenszeit« nieder und überträgt die Regierungsgewalt an General Suharto. Sukarno wird unter Hausarrest gestellt und stirbt am 21. Juni 1970. Suharto, stark aufs Militär gestützt, führt das Prinzip der »Gelenkten Demokratie« fort, leitet ansonsten jedoch eine politische Wende ein: Schon bald nach dem Umschwung werden alle verstaatlichten Betriebe zurückgegeben und zahlreiche Gesetze erlassen, um ausländische Investoren anzulocken. Der Konfrontationskurs gegen Malaysia, die USA, die Niederlande und alle westlichen Industrienationen wird ebenso beendet wie die enge Anlehnung an die UdSSR und China. Insgesamt beschert die »Ära Suharto«, die 1992 noch einmal durch die Wiederwahl des Präsidenten bestätigt wird, dem Land eine bis heute währende Periode der relativen Ruhe und Stabilität (wenn man von den Kriegen auf Osttimor und in Irian Jaya absieht, die seitdem wohl über 300 000 Menschen das Leben gekostet haben). Ungelöst bleiben die gewaltigen sozialen Probleme sowie auch die ökologischen und ökonomischen, die dem Inselstaat Ende 1997 eine ernsthafte Finanzkrise verschaffen. Diese führt am 21. Mai 1998 schließlich zum Rücktritt von Präsident Suharto.

Mitte 1999 werden die ersten freien Parlamentswahlen in Indonesien überhaupt abgehalten. Ab dem Jahr 2000 steht das Land im Zeichen politisch wie auch religiös motivierter Unruhen. Vor allem die wohl auf Java beheimatete radikal-islamistische Organisation Jemaah Islamiyah (»Islamische Gemeinschaft«) sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Ihr wird auch der Terroranschlag vom 12. Oktober 2002 auf zwei Diskotheken in Kuta Beach zur Last gelegt, bei dem 202 Menschen sterben.

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Buntes Strandleben in Kuta: Der Tourismus boomt wieder auf Bali

Von dem verheerenden Tsunami, der im Dezember 2004 weite Teile des asiatisch-pazifischen Raums heimsucht, bleiben die Küsten Balis verschont, auch Lombok und Sulawesi sind nicht direkt betroffen.

Am 1. Oktober 2005 explodieren drei Sprengsätze am Strand von Jimbaran und vor einem Restaurant in Kuta mit insgesamt 26 Todesopfern. Auch für diese Selbstmord-Anschläge machen die Sicherheitskräfte die Jemaah Islamiyah verantwortlich. In der Folge bricht der Tourismus auf Bali drastisch ein, und erst ab 2007 etwa, als in Nusa Dua auch die UN-Klimakonferenz stattfindet, werden wieder steigende Touristenzahlen verbucht.

Im März 2010 werden die mutmaßlichen Hauptdrahtzieher der Jemaah Islamiyah dingfest gemacht, womit die Terrorgefahr fürs Erste gebannt zu sein scheint und der Tourismus einen erneuten Wachstumsschub erhält: 2015 werden über acht Millionen Besucher gezählt, davon knapp vier Millionen aus dem Ausland.

SANFTE LANDUNG IM »MORGEN DER WELT«

Viermal 120 000 Pferdestärken tragen den Airbus gen Osten, über den indischen Subkontinent, den Golf von Bengalen. Dann wendet er sich nach Süden, tangiert Burma und Thailand, Malaysia und Singapur, um schließlich erneut in Richtung aufgehende Sonne zu schwenken und knapp unterhalb des Äquators nach etwa 13 000 Flugkilometern und mehr als 17 Stunden jenen Ort zu erreichen, dem Nehru, der einstige indische Premier, den Namen »Morgen der Welt« gab.

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Bewohner des Korallenriffs: der Perlenseestern

Eine bis über 3000 Meter hohe Kraterkette wird sichtbar, die das versteinerte Rückgrat der Insel bildet. Bunte Dreieckssegel tauchen im Tiefblau des Indischen Ozeans auf, und hinter dem majestätischen Kegel des Gunung Agung, dem »Sitz der Götter«, erscheint im Landeanflug Kuta, der weltberühmte Strand und die Copacabana Indonesiens. Parallel im Meer erstreckt sich die Korallenkette des schützenden Riffs unter weiß schäumenden Wogen, die das Dunkel der Tiefsee vom gescheckten Malachit des Küstenwassers trennen.

Die druckfesten Türen öffnen sich. Tropisch warme Luft dringt sekundenschnell ein, treibt Schweiß auf übernächtigte Stirnen und zwingt dazu, die Pullover und Jacketts nun endgültig auszuziehen. Große Transparente verkünden ein farbenfrohes Selamat datang – »Herzlich Willkommen« – und freundlich schauende einheimische Augen vermitteln einem sofort das Gefühl, willkommen zu sein. Sogar die Beamten lächeln, es lächeln die Angestellten am Bankschalter, wo man Geld und Reiseschecks tauschen kann, aber auf Kreditkarten kein Bares bekommt (dafür stehen vor dem Terminal Geldautomaten bereit), am Zimmervermittlungskiosk (wo Prospekte und Preistabellen ausliegen und man direkt reservieren kann) und auch am Stand des »Koperasi Taxi Service« vor dem Haupteingang, wo die Tarife angeschlagen sind, man sein Ziel nennt und auch bezahlt. Und dieses Lächeln unterscheidet, denn es ist einseitig, schmückt nur balinesische Gesichter. Die meisten Gäste, Vertreter der Alten Welt, schauen hier vor der Ankunftshalle verdrießlich drein, denn es herrscht gelindes Chaos, weil die Einrichtungen dem Andrang nicht gewachsen sind, man schon mal eine halbe Stunde Schlange stehen muss, bis man den Taxi-Coupon in den Händen hält.

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Gezeiten-Pool am Ulu-Watu-Riff

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In den balinesischen Dörfern leben die Menschen noch im traditionellen Familienverband

Asien hautnah, zum ersten Mal – das wird zumindest Verwunderung auslösen, weil die Einheimischen auch dann noch lächeln, wenn sie von aufgebrachten Fremden mit bösen Worten bedacht werden. In den Touristenzentren haben sich die Balinesen den Sitten ihrer Gäste angepasst, aber wer sich von diesen ausgetretenen Pfaden entfernen will, und darum geht es im vorliegenden Buch, der sollte diese erste und vielleicht wichtigste Lektion annehmen und selbst lächeln. – Aus Erheiterung, als Dank, zur Entschuldigung, um Unsicherheit oder Verlegenheit zu überspielen und um sein Gegenüber »das Gesicht wahren« zu lassen. Damit ist die Würde gemeint, und die verletzt jemand, der, wie in Europa üblich, unmissverständlich sagt oder mittels Körpersprache zeigt, was er gerade denkt.

So sollte man also lächeln, auch wenn es mitunter schwerfallen mag, und wird schnell herausfinden, dass man auf diese Weise eher sein Geld gewechselt, das Hotelzimmer reserviert bekommt.

Jetzt, wo sich die Zeit- und Klimaumstellung bemerkbar macht, man müde und wach zugleich ist, sich fallen lassen möchte – ins Bett, in den Pool oder ins warme Meer –, sollte man am besten zuerst ins Hotel nach Kuta, Sanur oder Nusa Dua fahren, die ab dem Flughafen schnell und günstig erreichbaren Ferienzentren von Balis Süden. Nach einem Telefonat oder auch nur einem kurzen Hinweis an das Hotelpersonal, ein paar Formalitäten, steht zur vereinbarten Zeit ein Mietfahrzeug bereit, mit oder ohne Chauffeur, ganz wie gewünscht.

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Primaten (Makaken) im Monkey Forest in Ubud

DIE SCHÖNSTEN REISEREGIONEN BALIS

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Balis Sonnenuntergänge sind legendär: Einen der schönsten Sonnenuntergangs- Logenplätze bietet sich beim Pura Tanah Lot an der Südwestküste

Region 1
Südbali

SÜDBALI
SONNE, STRAND UND SPASS

Sonne, Strand und Spaß – dieser Dreiklang lockt viele Besucher in den Süden Balis, denn exotische Traumstrände und Surfreviere, luxuriöse Ferienzentren und ein üppiges Nachtleben sind Inbegriff dieser Inselregion, die jährlich gut vier Millionen Touristen aus aller Welt zu ihrem Urlaubsziel auserwählen. Doch man muss differenzieren, denn steht die Drillingsstadt Kuta/Legian/Seminyak beispielsweise für Nachtleben und Amüsement, so präsentiert sich Sanur als mondänes Ferienzentrum, während Nusa Dua eine Resort-Stadt der Luxusklasse ist und Jimbaran eine friedliche Strandoase. Die Inselmetropole Denpasar sowie der internationale Flughafen sind nur wenige Kilometer von diesen Urlaubsorten entfernt, und als Abwechslung zum Strand- und Hotelleben bieten sich etwa Ausflüge zu den Meerestempeln von Tanah Lot sowie Ulu Watu an, die gleichzeitig die schönsten Sonnenuntergangs-Logenplätze sind, die man sich nur vorstellen kann.

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Bootsdrachen am Strand von Sanur

Image DENPASAR

Rund zehn Kilometer beträgt die Entfernung von Kuta bis Denpasar, doch so kurz die Distanz, so offenbar ist der Gegensatz zwischen Balis größtem Ferienzentrum und der – mit bald gut 850 000 Einwohnern – größten Stadt der Insel sowie Metropole der Provinz Bali. Deren Straßen sind eng und stickig, stets auch von qualmenden Autos und knatternden Mopeds verstopft, und von ein paar kulturhistorisch bedeutsamen Sehenswürdigkeiten abgesehen gibt es hier nichts, was zu einem Aufenthalt einladen würde. Touristen machen sich entsprechend rar und besuchen die Stadt in der Regel lediglich im Rahmen kurzer Abstecher von den Ferienzentren aus.

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Bunte Auslegerboote am Sanur Beach

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Nachdem man sich durch die Kehrseite des Fortschritts im Schritttempo hindurchgemüht und reichlich Elendsquartiere nebst maroden Betonhässlichkeiten zu sehen bekommen hat, liegt vor einem das Zentrum, markiert durch den Tanah Lapang Puputan. Am Nordrand des Wiesenplatzes mit einigen Bäumen ragt das aus einer stilisierten Lotosknospe herauswachsende Puputan-Denkmal auf. Die heroisch blickenden Menschen-Skulpturen wollen den Todesmut derer darstellen, die zur Selbsttötung bereit sind. Die Lanzen und heiligen Krise (Dolche, vgl. hier) erhoben, stehen sie hier stellvertretend für die (je nach Schätzung) zwei- bis viertausend Balinesen, die an eben dieser Stelle im Jahre 1906 den rituellen Amokangriff puputan gegen die Holländer praktizierten. »Stirb und werde«: Die gesamte Familie und das Gefolge des Raja von Badung, wie Denpasar damals noch hieß, sah angesichts der übermächtigen holländischen Kolonialarmee, angerückt zu einer Strafexpedition gegen den ungehorsamen Herrscher, nur diese Lösung.

DER TOD – EIN FREUDENFEST

Denpasar ist eine ganz durchschnittliche Allerweltsstadt, absolut unbalinesisch, und man hält es kaum für möglich, dass hier Tradition und moderne Zivilisation koexistieren. Doch plötzlich kommt der Verkehr zum Erliegen, Leute steigen aus ihren Autos, Polizisten verlassen Verkehrsinseln, Schuhverkäuferinnen ihre Läden, Bankangestellte die Schalter. Unter frenetischem Geschrei und ausgelassenem Gelächter umringen sie zum lauten Rhythmus von Gongs und Trommeln den reich geschmückten und von vielen Männern getragenen Prunkturm einer Prozession. Auf dem Turm sitzt eine goldgekleidete lächelnde Schönheit und vorweg reitet auf einem schwarz gestrichenen Holztier, von Trägern wild hin und her geschaukelt, ein lachender junger Mann. Aus den Fenstern der umliegenden Häuser flattern bunte Papierschnipsel herab und eimerweise wird Wasser auf die ekstatische Menschenmenge geschüttet.

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Verbrennungsschrein für die sterblichen Überreste eines Toten

Ein Totenfest, das wichtigste Freudenfest der Balinesen, ist der Anlass für die Prozession. Die Freude der Teilnehmer kommt von Herzen, sonst hätte es die Seele des Verstorbenen schwer, unbekümmert ihren Weg in die jenseitige Welt zu nehmen. Getrauert wird auch auf Bali, und zwar direkt nach dem Tod, wenn der Verstorbene beerdigt wird. Monate gehen ins Land, mitunter auch Jahre, bis die astrologischen Zeichen günstig stehen und die erforderlichen finanziellen Mittel aufgebracht sind, um das Totenfest begehen zu können. Ist der Zeitpunkt gekommen, werden die sterblichen Überreste ausgegraben, ins Innere eines Prunkturmes gebettet und in einer Prozession zum »Krematorium« geführt. Dort wird ein hölzernes Verbrennungstier geöffnet – im konkreten Fall der Stier, auf dem wir den Sohn des Verstorbenen soeben reiten sahen –, die Gebeine werden hineingelegt und zusammen mit dem Prunkturm dem Feuer überlassen. Die Materie verwandelt sich zu Asche, die Seele aber, seit dem Tod des Körpers zur Fron in der Unterwelt verdammt, wird nun frei und geht über in eine andere, nichtmaterielle Form des Seins, aus der sie später wieder reinkarnieren wird.

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Ein Totenfest ist das wichtigste Freudenfest der Balinesen

Ein paar Meter weiter, am Schnittpunkt der Jalan Gajah Mada mit der Jalan Veteran, prallt die Tradition mit der Moderne zusammen. De facto, aber auch symbolisch, denn dort dröhnt der Verkehr auf mehrspurigen Straßen und mittendrin steht verloren die riesige Götterstatue Batara Guru. Dieser gilt als eine Erscheinungsform von Shiva und ist bekannt als der »große Lehrer«. Spaziert man von hier aus entlang der Jalan Surapati und der Nordseite des Puputan-Platzes gen Osten, ist bald der Pura Jagatnatha erreicht, ein dem Weltenherrscher geweihtes Heiligtum, das aber bei all dem Motorenlärm ringsum beim besten Willen keine sakrale Atmosphäre vermitteln kann. Man wirft einen Blick hinein und geht weiter, direkt auf das angrenzende Bali-Museum zu, das in einem 1932 von den holländischen Kolonialherren errichteten Palast untergebracht ist. Zu betrachten gibt es manches: Masken und Schattenspielfiguren, Gamelan-Instrumente und Tempelrequisiten, neolithische und andere Funde. Aber Balis Kultur ist hier europäisch-steril konserviert, der Fantasie bleibt kein Spielraum.

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Tempelfest im Pura Jagatnatha in Denpasar

Viel mehr ist in Denpasar nicht zu besichtigen, es sei denn, man will wissen, wie es um die lebende Kultur der Stadt steht, die sich, wie es heißt, in der Kultiviertheit ihrer Läden zeigt. Dann folgt man der Jalan Gajah Mada nach Westen und erkennt anhand der reich mit den üblichen Auslagen einer x-beliebigen Stadt bestückten Geschäfte, dass hier die traditionelle Kultur der üblichen Allerweltsunkultur gewichen ist. Ein Mädchen erbettelt ein paar Rupiah, ein Veteran ohne Beine macht auf sein Elend aufmerksam, Menschen hetzen vorüber, es geht hektisch zu. »Zeit ist Geld« – hier weiß man es wieder.

SERVICE & TIPPS

Image Bali Tourism Board
Jl. Raya Puputan 41, Renon
80235 Denpasar
Image (03 61) 23 56 00, Hotline (03 61) 23 92 00
www.balitourismboard.org
Hier kann man Broschüren und Prospekte abrufen, doch die größte Hilfestellung bietet die Website dieser Haupt-Tourist-Information.

Image Bali Denpasar Government Tourist Office
Jl. Surapati Nomor 7
80235 Denpasar
Image (03 61) 849 57 07
www.balidenpasartourism.com,
Mo–Do 8–15, Fr/Sa 8–11 Uhr
Sehr kompetentes Personal, Informationen u. a. über die bedeutendsten Feste der Stadt und ihrer Umgebung sowie Hinweise zu Tanzveranstaltungen und anderen kulturellen Darbietungen.

Image Bali-Museum
Jl. Mayor Wisnu, Tanah Lapang Puputan, Ostseite, Denpasar
Image (03 61) 22 26 80
Sa–Do 8–15.30, Fr 8–11 Uhr
Eintritt 15 000 Rp
1932 von den Holländern in balinesischer Palastarchitektur errichtetes Museum, das als Kompendium balinesischer Kultur gilt und auch zahlreiche Funde aus allen Epochen der Insel beherbergt.

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Süßes Streetfood aus Bali

Image Image Taman Budaya Art Center
Jl. Nusa Indah, Denpasar
Image (03 61) 22 71 76
Mo–Do 8–15, Fr–So 8–11 Uhr
Eintritt 15 000 Rp
In einem 5 ha großen Park befindet sich der größte Kulturkomplex der Insel, sehenswert allein wegen der Architektur. Zentrum ist ein Museum zu Balis Geschichte und Kunst von den Anfängen bis in die heutige Zeit. Auch der deutsche Maler Walter Spies ist vertreten.

Image Tanah Lapang Puputan
Jl. Gajah Mada, Denpasar
Das geografische Zentrum von Balis Hauptstadt, die all das vereint, was man sich unter Bali nicht vorstellt, ist auch ihr historisches: Hier, am großen Hauptplatz des damaligen Badung, stürzten sich im Jahre 1906 Tausende Balinesen in den rituellen Amokkampf gegen die Holländer. Von diesem dramatischen Ereignis, das Balis Unfreiheit besiegelte, zeugt heute ein mächtiges Denkmal.

Image Auf der Jl. Gajah Mada sowie der Jl. Thamrin findet sich die größte Ladendichte der Stadt. Ob Textilien oder Kunsthandwerk, hier gibt es beinahe alles.

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Gerade auch bei den hochgewachsenen Palmen in Jimbaran sollte man sich vergewissern, ob Gefahr durch Kokosnüsse von oben droht

Image Pasar Badung
Jl. Sulawesi, Denpasar
Tägl. 5–19 Uhr
Auf den drei Stockwerken des bedeutendsten Inselmarkts wird all das feilgeboten, was Bali an Lebensmitteln und Kunsthandwerk (oben) hervorbringt.

Image Sekolah Sedeni Tari Indonesia
Jl. Nusa Indah, Denpasar
Image (03 61) 22 73 16
Mo–Fr 9–13 Uhr
In dieser Tanzakademie kann man den Schülern kostenlos bei Tanz-, Gamelan- und Schattenspielproben zuschauen.

 

Image JIMBARAN

Der schmale Isthmus, der die Halbinsel Bukit Badung mit dem »Festland« verbindet, formt an seiner Westseite die halbmondförmige Jimbaran Bay, die nach Norden zu auf den Flughafen von Bali blickt und in weiße Sandstrände gefasst ist. Zum Baden herrschen perfekte Bedingungen, bunt bemalte Fischerboote setzen malerische Akzente und landeinwärts schließt sich eine lange, nahezu ununterbrochene Reihe von Restaurants und warungs an, die insbesondere abends gut besucht sind, wenn die untergehende Sonne den Strand in den prachtvollsten Farben illuminiert. Im Hintergrund erstrecken sich auf Wellness und Spa spezialisierte Luxushotels und edle Villenanlagen unter hochgewachsenen Palmen, dazwischen finden sich zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Restaurants. Alles in allem geht es hier wesentlich ruhiger und relaxter zu als im nur fünf Kilometer entfernten Kuta.

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Frisch gefangener Fisch trocknet in der Sonne von Jimbaran

SERVICE & TIPPS

Image Die Open-Air-Restaurants und warungs, die zu Dutzenden den Strand von Jimbaran säumen, sind inselweit auch in Kreisen von Balinesen berühmt und füllen sich allabendlich ab etwa 18 Uhr, wenn sich der Sonnenuntergang ankündigt. Dann kann es schwierig werden, in diesen ebenso schlichten wie atmosphärischen Lokalen einen Platz zu ergattern. Kulinarisch dreht sich hier nahezu alles um Fisch und Meeresfrüchte, man zahlt nach Gewicht, aber wer nicht handelt, zahlt garantiert zweimal zu viel. €€–€€€

Image Image Der am nördlichen Strandende gelegene Kendongan Fish Market, vor dem die Fischer ihre Waren zwischen etwa 6 und 9 Uhr anlanden, ist eine Sehenswürdigkeit für sich.

DIE KOKOSPALME – DER BAUM DES LEBENS

Die Kokospalme, Symbol für Tropen und Exotik, für Fernweh und Urlaubsglück, gehört zu Balis Markenzeichen wie Sonne, Strand und Meer. Für die Balinesen aber ist sie weit mehr als nur ein Spender von Assoziationen und Schatten. Aufgrund ihrer vielseitigen Nutzbarkeit gilt sie als wertvolles Geschenk der Natur. Kokospalmen gedeihen hier so problemlos wie Unkraut – in Feuchtgebieten ebenso wie direkt am Strand im Einflussbereich des Salzwassers. Schon nach kurzer Zeit tragen sie Früchte – bis zu 180 Stück jährlich – und können bis zu 100 Jahre alt werden.

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Die bis zu fünf Kilogramm schweren Palmfrüchte sind vielseitig verwertbar

Fast jeder Teil der bis über 30 Meter hoch aufragenden holzigen Pflanzen kann verwendet werden. So wird der Stamm traditionell im Haus- und Schiffsbau eingesetzt. Die Palmblätter lassen als Dacheindeckung selbst bei heftigen Monsunregen kein Wasser durch, werden aber auch zu Besen zusammengebunden. Ihre Schösslinge geben ein gutes Gemüse ab.

Am vielfältigsten nutzbar sind die bis zu fünf Kilogramm schweren Palmfrüchte. Die Nussschalen dienen als Brennmaterial, das zudem Mücken und Sandflöhe vertreibt, aber auch als Pflanzensubstrat und Torfersatz. Die Fasern der Kokosnüsse können zu Seilen und Matten, Körben und Säcken, Teppichen und Hüten verarbeitet werden und sind als Wärmedämmung ebenso beliebt wie als Füllung in Matratzen. Selbst im Fahrzeugbau sind sie verwendbar. Das leicht mineralhaltige Kokoswasser ist ein ebenso wohlschmeckendes wie erfrischendes und nahrhaftes Getränk, das darüber hinaus gegen Durchfall wirkt. Da es in der geschlossenen Nuss steril bleibt, kann es im Notfall sogar als Blutserumersatz direkt in die Vene injiziert werden. Obendrein kann es zu Kokoswein vergoren werden. Das Fruchtfleisch enthält eine Vielzahl an Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen sowie ungesättigte Fettsäuren. Getrocknet dient es als Ausgangsstoff zur Gewinnung von Kokosflocken, Kokosfett und in erster Linie Kokosöl, das sich zum Braten und Backen ebenso wie als Basis für Sonnenschutzmittel, Cremes, Seifen und Shampoos eignet. Zunehmend soll es auch zu Biodiesel verarbeitet werden.

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Kokosnussernte durch Palmenklettern

Die Kokosmilch – nicht zu verwechseln mit dem Wasser im Innern der Nuss – verleiht nicht nur der Piña Colada und anderen Cocktails ihren unvergleichlichen Geschmack, sondern auch den Currys der indonesischen Reistafel (vgl. hier). Die meisten balinesischen Süßspeisen werden ebenfalls aus Kokosmilch zubereitet oder mit ihr verfeinert. Die Kokosmilch entsteht erst, indem das Kokosfleisch mit heißem Wasser püriert und dann durch ein Tuch gepresst wird. Der Pressrückstand wiederum gibt ein reichhaltiges Tierfutter ab.

Aber Achtung, Kokosnüsse können auch töten! Ein vier Kilogramm schweres Exemplar erreicht beim Fall aus 25 Metern Höhe eine Geschwindigkeit von fast 80 Kilometern pro Stunde und übt beim Aufprall gut eine Tonne Druck aus. Jahr für Jahr werden etwa 150 Menschen Opfer des Fallobstes. Gerade bei Wind sollte man deshalb größtmögliche Vorsicht walten lassen und nicht in der Hängematte unter Kokosnüssen dösen!

Image KUTA/LEGIAN/SEMINYAK

»Bali? – That’s a great place near Kuta, and Kuta’s a big-fucking Aussie-city!«, so brachte es ein Surfer mal auf den australischen Nenner. In der Tat scheint Kuta/Legian/Seminyak, eine kilometerlange Urbanisation parallel zur Küste, die größte australische »Stadt« außerhalb des roten Kontinents zu sein.

Es gibt hier manche Hässlichkeit – baulich und auch sonst –, aber Tatsache ist auch, dass sich Kuta, in den 1960er Jahren von den sogenannten Hippies entdeckt, bei Reisenden aus aller Herren und Frauen Länder allergrößter Beliebtheit erfreut. Das ist den teils ganz ausgezeichneten Hotels zu verdanken, den Restaurants und Discos, dem absolut gigantischen Einkaufsangebot, den – nach internationalem Standard – relativ günstigen Preisen, aber insbesondere dem schier unendlich langen und überbreiten Strand, der sich – teils im Promenaden-, teils im Palmensaum, teils proppenvoll, teils menschenleer – von Kuta über Legian und Seminyak gen Westen erstreckt.